Portugal ist schlecht aufgestellt - Suche nach einem militärischen Star

In Portugal wie in Frankreich ging es wie schon seit eh und je um den Kampf zwischen Zentral- und Regionalgewalt, zwischen Königtum und dem Hochadel in den Provinzen. Seit 1640, als sich große Teile des portugiesischen Adels unter Führung des Herzogs von Bragança von Spanien losgesagt hatten, unterstützte Rivale Frankreich offen die portugiesische Sache, trieb einen Keil in die Iberische Halbinsel, nach dem Motto „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“. Im Pyrenäen-Frieden 1659 gab der alte Kardinal Mazarin als oberster Minister Frankreichs dem spanischen Ansinnen nach, die „abtrünnige Provinz“ durch Unterlassung jeglicher Hilfeleistungen indirekt wieder an Spanien auszuliefern.

 

Der von der portugiesischen Regentin gesandte Sonderbotschafter, D. João de Costa, Conde de Soure, begleitet durch seinen klugen Sekretär Duarte Ribeiro de Macedo, bekam den geheimen Auftrag, 5.000 Mann von Frankreich zu erbitten und die gleiche Menge auf portugiesische Kosten dort zu rekrutieren. Außerdem sollten zwei namhafte Generäle mindestens im Range von „mestres do campo generais“ als Generalstabschefs verdingt werden.

 

Als die beiden portugiesischen Gesandten in Paris ankamen, erfuhren sie von den besagten Friedensverhandlungen; ihr Anwerbungsauftrag wurde dadurch eigentlich hinfällig. Doch wehrte sich der Conde de Soure hartnäckig gegen Mazarins Intention, Portugal schlicht und einfach fallen zu lassen. Als Einwendungen nichts halfen, veröffentlichte er zum Ärger des schon gegen Portugal entschiedenen Mazarin eine von Ribeiro de Macedo verfasste Schrift mit 28 Artikeln, in der dargelegt wurde, warum der Schutz Portugals in Frankreichs wohlverstandenem Interesse liege. Wegen des für Portugal abzusehenden, ungünstigen Ausgangs war der Conde de Soure von der Regentin zwar schon zurückberufen worden, um seiner Entlassung zuvorzukommen; dieser blieb jedoch noch zwei Monate heimlich im Lande, um alle möglichen Hebel in Bewegung setzen zu können. Er durfte sich in Paris nicht mehr sehen lassen als er daran ging, nichts weniger als einen Geheimvertrag zur Unterstützung Portugals aushandeln.

 

Ungeachtet dessen kam es im November 1659 zum "Pyrenäenfrieden" dergestalt, dass beide Könige den Vertrag vor der ausgesetzten Monstranz (im katholischen Sinn also vor Jesus Christus höchstpersönlich) beeideten. Diese Friedenskonferenz fand mit großem Gefolge beider Seiten auf der „Fasaneninsel“ bei Bidassoa in der Nähe von Irun statt. Auf einer schmalen Grenzinsel mitten im Fluss befand sich das Gebäude, zu dem man von beiden Ländern her über Pontonbrücken separate Zu-gänge hatte. Velásquez, der zuvor ein hintersinniges Portrait der königlichen Familie geschaffen hatte, war nicht mehr dabei, denn er starb, im Amte eines Schlossmar-schalls an den Vorbereitungen der Reise beteiligt, an den großen Anstrengungen.

 

Schon mit dem französischen Sieg in der Schlacht von Rocroi (19. Mai 1643, gegen das spanische Heer unter Führung des Portugiesen D. Francisco de Melo), spätes-tens jetzt veränderte sich das Machtgleichgewicht zwischen den Häusern Habsburg und Bourbon, bahnte sich Frankreichs militärische Vorherrschaft in Europa an. Spa-nien verlor das Artois und Roussillon an Frankreich. Als eine Art moralische Kompen-sation sollte Louis XIV. die Tochter von Felipe IV. heiraten, ohne davon Erbansprüche auf Spanien ableiten zu können. Felipe war noch rüstig genug und führte eigenhän-dig seine Tochter, die Infantin Maria Teresa, dem jungen Louis XIV. als Gemahlin zu.- Nachdem Frankreich Portugal vertragsgemäß in keiner Weise mehr unterstützen sollte, wollte Spanien für seine Provinz Portugal alles wieder so herstellen, wie es vor 1640 war, wenn es denn zu einer gesetzten Frist Felipe IV. wieder als Souverän anerkannte. Wenn nun aber Frankreich passte, mit wem konnten dann die Portu-giesen noch rechnen?

 

Als ein Hoffnungsschimmer wurde von europäischen Royalisten – so auch von den Portugiesen - wohl auch die Nachricht angesehen, General Monk habe in Überein-stimmung mit dem englischen Parlament den 30-jährigen, im französischen Exil lebenden Charles, einen Stuart, zum König ausgerufen; Sousa de Macedo, der dichtende Botschafter in England, schrieb geschwind schon mal eine kunstvolle lateinische Lobeshymne auf ihn. Und es sei auch gleich angefügt, dass Schonberg mit diesem künftigen Monarchen befreundet war. Er war schon wegen seiner Mutter aus englischem Adel bei Charles gut gelitten, aber sie kannten sich auch aus gemeinsamer Zeit in Leiden, den Haag (ab 1646) und Paris. Außerdem war es Schonberg, der sich um Charles Schwester Mary fürsorglich kümmerte, als ihr Mann, Prinz Willem II. von Oranien 1650 starb. In einem Brief versprach ihm Prinz Charles spätere Kompensation für die seiner Schwester erwiesenen Dienste.

 

Zurück zur Aushandlung des Geheimvertrages. Eine Anwerbung von Offizieren für den Einsatz in Portugal musste unter den gegebenen Umständen zunächst verdeckt verlaufen, um die von Mazarin in die Wege geleiteten Friedensverträge zwischen Frankreich und Spanien nicht zu verletzen. Marschall Turenne, der in seiner Haltung stets ein erklärter Gegner des religiös intoleranten Spanien war und blieb, war es, der den deutschstämmigen französischen Generalleutnant Schonberg für diese heikle Mission vorschlug. Für den vorgesehenen Oberbefehl kam kein Franzose in Frage, das wäre zu auffällig gewesen, wohl aber sein deutschstämmiger Kampf- und Glaubensgenosse Schonberg und der Ire William O’Brien, 2° Earl of Inchiquin, der aber zunächst den Sonderweg als Gefangener von Piraten nahm. Schonberg unterschrieb seinen Arbeitsvertrag als Mestre de Campo General am 24. August 1660 mit dem Versprechen, er würde bei nächster Gelegenheit zum Capitão General das Armas do Reino befördert werden.

 

Dem gerissenen Mazarin blieb ein solches Unterfangen natürlich nicht verborgen und er betrieb wie üblich sein Doppelspiel. Der portugiesische Botschafter reiste ihm hinterher und legte sich offen mit diesem mächtigen und launischen Machthaber an, erreichte mit seiner Geheimdiplomatie endlich aber eine „undercover“- Unterstüt-zung für Portugal. Dennoch versuchte Mazarin auch Schonberg selbst von seinem Portugal-Engagement abzubringen. Er machte ihm Vorhaltungen, dergestalt, dass nach Aufdeckung dieser Umtriebe, Spanien nie aufhören würde, sich gegenüber Frankreich zu beschweren. Schonberg erwiderte jedoch sehr bestimmt, dass in Friedenszeiten jede Seite nun die Freiheit habe, die Partei einzunehmen, die sie möchte und im Übrigen könne Frankreich ihn, da er ja Ausländer sei, verleugnen.

 

Die Vertragsgestaltung war keineswegs so einfach, wie es scheinen mag. Man tagte heimlich im Hause des 19-jährigen Herzogs Albrect, einem Neffen des französischen Marschalls Turenne. Letzterer half mit Rat und Tat und lieh zudem seine tüchtigsten Obristen Jeremias und Jovet aus. Als sich der Conde de Soure im August 1660 nach solch zähen Verhandlungen verabschiedete, soll der für seine Habgier und seinen Geiz bekannte Mazarin ihm noch sechs goldene Uhren geschenkt und indirekt die anerkennenden Worte nachgesagt haben „ein echter Mann, diskret und auch frei heraus“.

 

Bevor Schonberg seinem Geheimauftrag folgte, fuhr er noch nach Geisenheim am Rhein, um sich von seiner Frau und den zurückbleibenden Söhnen zu verabschieden. Danach reiste er nach England, wo er mit dem neuen König Charles II. konferierte und mit Hilfe des portugiesischen Botschafters, D. Francisco de Melo, Schiffe charterte, die ihn, seine Offiziere, sein französisches Vorzeige-Regiment, Pferde und all seine Bagage nach Portugal bringen sollten. Um In Le Havre einer eventuellen Verhaftung an Land zu entgehen, betrat Schonberg gar nicht erst den nun riskant gewordenen Boden. Dafür stieg hier der Conde de Soure mit ein und hatte nun an Bord auf hoher See vierzehn Tage Zeit, Schonberg in die portugiesische Szene einzuführen und ihm das Kennenlernen am Hofe zu erleichtern.