Aufmarsch und Aufstellung zur Feldschlacht

Während Vila Viçosa noch widerstand, erkundeten Schonberg, der Conde S. João und einige Reiter- und Artillerie-Kommandanten am 15. Juni das Gelände zwischen Estrémoz und Vila Viçosa. Sie sahen, dass Caracena die Verbindungsstraße zwischen dem eroberten Borba und dem belagerten Vila Viçosa schon für sich gesichert hatte. Das Gelände war recht uneben, mit vielen Bäumen bestanden und es gab ummauerte Olivenhaine. All dies war bedeutsam, da das Heer schon in Schlachtordnung dem Feind entgegen gehen sollte. Obwohl der Erkundungstrupp von spanischen Reiterabteilungen bedrängt wurde, erkannte Schonberg doch die Vor- und Nachteile dieses Geländes. So beschloss er, nicht den direkten Weg nach Vila Viçosa zu nehmen, sondern etwas südlich versetzt den Fahrweg nach Bencatel zum Convento da Luz, einem Platz namens Montes Claros, zu nehmen, zwei Wegstunden vor Estrémoz. Dort[1] gabelt sich die Straße nach Vila Viçosa. Der nördliche Zweig geht über Hortas das Canelas nach Outeiro de Mina, der südliche folgt dem Vale de Canas und trifft beim Campo Carrascal in Vila Viçosa ein. Beide Möglichkeiten brachten enge Passagen zwischen zwei Hügeln mit sich, dem Outeiro do Mouro und dem Alto da Vigaria. Deshalb gab Schonberg nach seiner Rückkehr schriftlichen Befehl an den Reitergeneral Dinis de Melo e Castro, schon in der kommenden Nacht diese beiden Erhebungen mit Reitertruppen besetzen zu lassen.

 

Nach Auswertung all dieser Erkundungen legte Marialva Donnerstag, den 17. Juni fest, um gen Vila Viçosa zu marschieren. Am Tag zuvor formierten sich die Truppen schon in Schlachtordnung auf dem Campo de Sto. António, einem offenem Gelände vor Estrémoz. Nach Schonbergs Anordnung biwakierten sie in der Nacht zuvor in der Position, in der sie für die Schlacht aufgestellt waren. Es war somit klar, dass von portugiesischer Seite aus eine offene Feldschlacht geliefert werden sollte und auch musste.

 

Ist schon die Formierung eines so großen Heeres auf freiem Feld ein Kunststück zu nennen, das ohne viel Training und Drill nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre, so gilt dies auch für den zwei- bis dreistündigen Marsch in einer engen Kolonnen-Formation, die sich sehr schnell zur vorgedachten Schlachtordnung in Linien, Reihen, Bataillone, Schwadronen und Kompanien auffächern ließ. Dabei durfte niemand seinen vorbestimmten Vorder- und Nebenmann aus dem Auge verlieren. Die Reiterei, nach leichten und schweren Reitern getrennt, ritt zur Sicherheit teils voraus, teils zur Seite und teils hintendrein. Danach kamen 500 Pioniere, um den Weg bei Bedarf frei machen zu können und die sechs leichten Geschütze. Bei der Infanterie, die in zwei Kolonnen entsprechend der zu bildenden Linien marschierte, waren Pikeniere und Musketiere gemischt, die Männer mit den Piken vorne dran. Bei den Musketieren war jeder mit 12 Geschossen und einem Pulverbeutel ausgerüstet. Die schwere Artillerie, mit ihren Stücken (Kanonen) auf den Karren, zog in der Mitte oder weiter hinten beim Hilfszug (Tross) mit, wo sich auch die Reserveeinheiten befanden. Jede taktische Einheit trug eine kleine Fahne mit, die bei den Portugiesen weiß und mit einem rot linierten Christusritter-Kreuz versehen war; sie wurde immer eigens von einem Fähnrich gesichert. Kurz vor der Schlachtaufstellung sollten sich die Marschkolonnen so ordnen, dass durch Rechts- bzw. Linksausscheren sehr rasch - zur Überraschung des Feindes - die verschiedenen Linien und Reihen gebildet werden konnten und man somit die vorteilhafte Möglichkeit des Erstschlags auf seiner Seite hatte. So, im Wesentlichen, darf man sich den Zug vorstellen, der sich am Morgen des 17. Juni um 5 Uhr früh von Estrémoz’ Campo de Santo António aus in Bewegung setzte.

 

Als Schonberg nach zwei Wegstunden die Truppe bei einer Quelle sich stärken und den langsameren Tross, der das Brot mit sich führte, aufrücken ließ, ritt er mit seinen Offizieren allein schon etwas weiter. Dabei musste er zu seinem Entsetzen erfahren, dass der Kollege General zu besagter Höhe eigenmächtig statt sechs Bataillonen nur 30 Mann unter Führung des Kommissarischen Generals Bartolomeu Barros geschickt hatte und dort oben nun statt der eigenen Kundschafter die Spanier sie erwarteten. Es stellte sich heraus, dass Barros erst am frühen Morgen dorthin losgezogen war, nun eben zu spät kam und sehen musste, dass sich oben schon die Garde des Marquês de Caracena eingerichtet hatte, der zeitlich ja ohnehin im Vorteil war. Barros wusste nicht mehr weiter. Schonberg ließ den Marquês de Marialva rufen, um ihm das Geschehene zu erklären und verdeutlichte die ernsten Konsequenzen einer solchen Ungehorsamkeit. Schon für weniger gravierende Fehler würden Soldaten nach dem Kriegsrecht hingerichtet werden.[2] Während dieses Disputes erschienen immer mehr feindliche Reiter auf den Hügeln und machten Anstalten, die Hügel herunterzukommen und plötzlich waren sie auch von der Infanterie quasi umzingelt.

 

Kurze Rückblende zu Caracenas Generalstab. Dort war man sich erst nicht schlüssig, wie man dem entschlossen anrückenden Feind am besten begegnen sollte. Die einen, darunter der Italiener Carrafa, waren dagegen, die Position bei Vila Viçosa zu verlassen, auch weil man spürbare Verluste bei der Belagerung erlitten hatte und die Soldaten doch moralisch stark angeschlagen waren. Doch die anderen waren mit Caracena dafür, eine offene Feldschlacht anzubieten, denn man sei nicht nach Portugal gekommen, um einen Belagerungskrieg um eine minderrangige Stadt zu führen, sondern den Feind vernichtend zu schlagen und das abtrünnige Königreich als Ganzes zurückzuerobern. Also verließen sie in der Nacht zum 17. Juni ihre Positionen und ließen dort nur 1.500 Infanteristen unter dem Duque de Cansano und etwas Kavallerie unter D. Juan de Carreira zurück. Die Oberaufsicht über die Belagerung behielt der Franzose Nicolau de Langres, der einst im Dienste Portugals stand (vgl. Kasten zu Juromenha, S. 78) und durch Fahnenflucht unangenehm aufgefallen war.

 

Das Gros des spanischen Heeres wälzte sich schon in der Nacht vom 16. auf den 17. Juni auf dem kurzen Weg, der vom Stadtviertel Carrascal über die Marmorbrüche zum Alto da Vigaria führt, den Portugiesen entgegen. Geplant war, von dort oben über die linke Flanke der marschierenden portugiesischen Truppen zu fallen. Da sie aber lange vor diesen an besagtem strategisch wichtigen Punkt angekommen waren, konnten sie in dem Tal östlich der Vigaria-Erhebung und von Barradas eine noch günstigere und bequemere Empfangssituation einrichten, was auch gut gelang. Orientierungslos waren zunächst die Portugiesen bei der Annäherung. Erstens wussten sie nicht, ob Vila Viçosa noch Stand gehalten hatte oder dieser Ort schon verloren, ein Entsatz also sinnlos war. Zweitens hatten sie mangels eines geeigneten Beobachtungshügels keinen Überblick. Kaum hatten sie sich einen solchen ersatzweise doch noch verschaffen können, sahen sie, dass die feindliche Reiterei sich eilends zur Schlacht aufstellte. Auch kamen die Spanier schon von den Hügeln herab und es tauchten auch aus besagtem Tal hinter Montes Claros feindliche Schwadronen auf, die sich in zwei Linien zur Schlachtordnung formierten, pro Linie 22 Schwadronen. Da sich deren Kavallerie links verstärkte, sorgte Schonberg in eingeübter Eile für bessere Deckung seiner rechten Flanke, indem er die Reiterei von links (bei den Weinbergen) auf die rechte Seite umsetzte (zu den Ausläufern der Serra da Ossa hin, bis zum Oberlauf des Flüsschens Luzefeci). Er ließ auch noch zwei Kanonen bei einigen Ruinen in Stellung gehen und bildet ebenfalls zwei Linien. Dieses schnelle, eingeübte Manöver im Zusammenspiel mit den dabei beteiligten Reitergenerälen Pedro César de Meneses und Francisco de Távora und Schonbergs Gespür für Geländevorteile sollte entscheidend für den weiteren Verlauf werden.

 

Inzwischen hatte Caracena seine dritte Reihe mit Kavallerie gebildet, was Schonberg auch tat, jedoch mangels Masse wieder mal mit vier Bataillonen Infanterie auffüllen musste. Vier Schwadronen behielt Schonberg zur Reserve für sich und zwei schickte er zu seiner Infanterie am linken Flügel, wo sie bei diesem Gelände mit Trockenmauern und Mandel- und Olivenbaumkulturen am brauchbarsten waren.

 

Als sich beide Heere in aller Eile umformiert hatten, verteilten sich die portugiesischen Generäle auf die wichtigsten Stellungen. Der Marquês de Marialva begab sich mit den Leutnants des mestre de campo general und einigen erfahrenen mestres de campo zur Vorhut der zweiten Linie der Infanterie und erinnerte noch in aufmunternder Weise an die bisherigen Siege der letzten Jahre. Er beschwörte sie in wohlgesetzten Worten, dem ersten Ansturm der Spanier standzuhalten und ihn zurückzuschlagen… Schonberg wählte keinen besonderen Ort aus, weil er wusste, dass er und sein unzertrennlicher Hauptsergeant für diese Schlacht, Miguel Carlos de Távora, überall gebraucht würden. Der Kavallerie-General (D. Dinis de Melo e Castro) wählte die Spitze seiner Reiter der ersten Linie links, da die rechte Seite vom Gelände her nicht angegriffen werden konnte. Der Conde de S. João und der Artilleriegeneral nahmen Stellung beim rechten Flügel der Infanterie, während Pedro Jaques de Magalhães den entsprechenden linken Flügel überwachte. Die beiden anderen Schlacht-Hauptsergeanten Diogo Gomes de Figueiredo und João Silva de Sousa teilten sich die Kommandos bei der zweiten Linie der Infanterie.[3]

 

Auch bei den Spaniern richtete Caracena einige Worte an seine Mitstreiter, mit dem Tenor, dass ganz Portugal wiedergewonnen sei, wenn sie diese Schlacht für sich entschieden, dass aber auch eine Niederlage dem spanischen Königreich nur wenig Schaden zufügen würde. (Ob das übermäßig geschickt war? Doch auf die Worte der Hauptleute kommt es ohnehin praktisch nicht an; die sind allenfalls gut für die Geschichtsbücher.) Caracena mischte sich allerdings nicht ins Kampfgeschehen ein, sondern zog sich auf einen Vorsprung auf dem sicheren Alto de Vigaria zurück, von wo aus er, mit einem Fernrohr bewaffnet, verfolgte, wie seine Anweisungen griffen.



[1] Heute von Borba aus westlich auf der Nebenstraße nach Barro Branco zu erreichen

[2] Man kann sich diese Fehlleistung so erklären, dass eine solche Art des Vorgehens den portugiesischen Offizieren seltsam erschien. Warum sollte eine so große Abteilung der Reiterei dem Heereszug so weit vorauseilen, dazu auch noch ganz der Infanterie entkleidet? Entweder hatte Diniz de Melo den Befehl nicht so weitergegeben, wie er ihn von Schonberg erhielt oder Barros setzte ihn nicht buchstäblich so um, wie er vorgeschrieben war. 

[3] vgl. die Übersicht zur Kommandostruktur der portugiesischen und spanischen Streitkräfte im Anhang