Die Weimanns im Hinteren Anger 324 und Vorderen Anger 234

 

Max Weimann, geb. am 01.12.1887 in Landsberg, (gest. am 03.06.1953 ebenfalls in Landsberg), war Sohn des Sali und der Luise Weimann, geb. Erlanger, die im Eschenlohr’schen Gerberhaus (Vorderanger 233) ansässig waren. Der gebürtige Landsberger besuchte hier die Volksschule, dann sechs Klassen Realschule und half danach im Geschäft des Vaters. Nach dem Tod der Eltern war er Alleininhaber eines Kaufhauses für Textilwaren ("Schnittwaren") im Hinteranger und von Antiquitäten im Vorderanger. Vier Jahre war er Kriegsteilnehmer (Auszeichnung mit dem E.K. II) und danach vor allem aktiv im Schützenverein tätig; politisch war er völlig abstinent und er „verkehrte mit seinen jüdischen Rassegenossen nur ganz selten“. Walter Drexl beschreibt ihn als einen „ruhigen, distinguierten Herrn“. Auf einem Foto vom Ende der 20er-Jahre ist Max Weimann dennoch in fröhlicher Stimmung mit dem Schlachthofverwalter Jocher und dem rechtskundigen Bürgermeister Dr. Baur im Lech beim Wehr zu sehen.

 

Am 23.05.1913 heiratete er in München Barbara („Babette“), eine am 20.10.1886 in Landsberg geb. Burkhardt (Eltern: Steuerinspektor Ludwig Burkhardt und Ehefrau Maria, geb. Hager), eine Nicht-Jüdin röm.-kath. Glaubens. Mit ihr lebte er in Gütertrennung. Kinder hatten sie keine. Sie betrieb ein gutes Textilwarengeschäft.

 

Seine Geschäfte erweiterte Weimann um Antiquitäten, welche (wie Landsbergs Bürgermeister am 13.02.1940 verächtlich an die Gestapo schrieb) „reichlichen Verdienst abwarf, ohne irgendwelche körperlichen Arbeitsleistungen zu beanspruchen“. Am 02.04.37 musste Weimann denn auch restliche Gegenstände , Antiquitäten, an einen von der „Reichskammer der bildenden Künste“ zugelassenen Händler „abgeben“ . Die Aufnahme in diese Kammer hatte man ihm schon mit Schreiben vom 27.08.1935 verweigert und ihm somit das Gewerbe mit Kunst wie folgt untersagt „… besitzen Sie nicht die erforderliche Eignung und Zuverlässigkeit, an der Förderung deutscher Kultur in Verantwortung gegenüber Volk und Reich mitzuwirken“. Zur Begründung steht in einem Vermerk am Ende des Schreibens „Der Genannte ist Nichtarier.“ Die von Weimann dagegen erhobene Beschwerde wurde im Dezember 1936 abgelehnt und eine Fristverlängerung wurde auch nicht gewährt.

 

In der Reichspogromnacht zogen vor Weimanns Geschäft wohl SA-Leute auf, „aber keiner wollte dem Weimann Maxl das Fenster einschlagen, die Einheimischen blieben in der Wirtschaft.“ Am 01.11.1938 meldete auch seine Frau ihr Textilwarengeschäft ab. Im Februar 1939 wurde er wegen angeblicher Steuerhinterziehung zu 6.000.- RM Geldstrafe verurteilt. Vor seiner Emigration musste er alle "Kulturgüter" in seinem Besitz akribisch aufzeichnen und diese Dinge zurücklassen, auch den Barbestand von 20.500 RM, den Stadtwaldbesitz (Plan-Nrn. 3610 – 3614) seiner Frau ohnehin. Am 19.08.1939 wurde dem Landsberger Ehepaar seltsamerweise bestätigt, sie könnten wieder hierher zurückkehren, „falls keine Landemöglichkeit in Cuba bestehen sollte“. Der Bürgermeister konnte ihre Abreise kaum erwarten… Die Meldung, dass die Stadt „judenfrei“ sei, wurde halt doch zu früh hinausposaunt.

 

Am 20.12.1939 ging es über Genua mit einem italienischen Dampfer nach San Lagaro, Habana, Cuba. Die Abreise war schon für den 28.06. geplant gewesen, doch fehlten noch Papiere von der Devisenstelle. Am 19.12.1940 setzten sie ihren Exodus von Cuba nach Morganton/North Carolina/USA fort.

 

Am 21.05.1940 wurde Weimann in der alten Heimat seine Reichsangehörigkeit aberkannt; er wurde dadurch „staatenlos“. Sein Anwesen erwarb der Nachbar Hans Huber (Malergeschäft) am 18.04.1939 durch Aushändigung eines Barschecks über 20.000 RM, sein Ladengeschäft übernahm Richard Schmid. Der Waldbesitz, den Frau Weimann in die Ehe eingebracht hatte, ein Drittel von 3,24 ha, wurde im Juli 1943 zusammen mit dem sonstigen Vermögen "eingezogen".

 

Max Weimann musste in den USA in einer chemischen Fabrik arbeiten, wo er sich schwere Lungenschäden zuzog. Mit einem USA-Pass, als Witwer und von Heimweh geplagt kehrte er am 18.10.1951 nach Landsberg zurück, wo er schon sechs Tage später die 1902 in Untermühlhausen geborene Landsbergerin Katharina („Käthe“) Eisenschmid heiratete, mit der er ab 01.11.51 im Vorderanger 287 wohnte, wo sie einen Tabakladen hatte. Sie stammte aus einer Familie erklärter Nazi-Gegner. Zwar versuchte er sich nochmals mit dem Antiquitätenhandel und reiste dafür auch viel herum, doch keine zwei Jahre später starb er 66-jährig an Herz- und Kreislaufversagen.