Schwabhausen galt als "Schwarzes Nest"

Nachdem für das nationalso-zialistisch beherrschte Groß-Deutschland ab 1942 an den verschiedenen Fronten keine Siege mehr heraus-sprangen, äußerte sich auch in unserem kleinen, kaum 400 See-len zählenden Dorf (an der Bahn-strecke zwi­schen Geltendorf und Kaufering, jetzt der Ge-meinde Weil zugehörend) der bisher zurückgehaltene Unmut, ja, es regte sich sogar mitunter Widerstand.

 

In jedem Wirtshaus musste seinerzeit ein Bild von Adolf Hitler hängen. Zu vorge-rückter Stunde saß der Ortsgruppenleiter Otto Pfab mit einem anderen Bürger, Magnus Stad­ler, beim Bier zusammen und beide schimpften über den Hitler. Plötzlich packte der Stadler die Bildtafel Hitlers und rief laut "Du Blutshund, du verreckter!" Das war anno 1942. Dem Unbeherrschten passierte nichts, da sich der Ortsgrup-penleiter (damals noch) gutmütig verhielt. (1)

 

Als zu einer Generalversammlung der Veteranen einmal der Vorsitzende des Be­zirksverbandes, Furtmaier, erschien, stand Pfab auf und klagte darüber, dass Schwab­hausen so ein schwarzes Nest sei. Darauf erwiderte Furtmaier, der beim Finanzamt Landsberg angestellt war, "Meine Kameraden, das stimmt nicht! Schwabhausen ist eine sehr nationalsozialistische Ortschaft. Die 44 Männer bringen zu 95 bis 99% ihre Steuern herein. Auch der Hitler braucht Geld. Mit "Heil Hitler!" allein ist nicht gedient. (1)

 

Gegen Kriegsende darf man sich die Stimmung im Dorf aber nicht so feuchtfröh­lich oder so bayerisch-deftig vorstellen, wie es die beiden Anekdoten vielleicht nahelegen. Man durfte nicht mehr laut aufmucken und musste "Gewehr bei Fuß" stehen - im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Eine betroffene Mitbürgerin, die es wissen muss, äußerte dazu die Ansicht, dass ein Mitbürger sogar noch ins KZ gebracht worden wäre, wenn der Krieg nicht zu Ende gegangen wäre. Für diese veränderte Stimmungslage sprechen die beiden folgenden Begebenheiten:

 

Wegen des nationalsozialistischen Hetz- und Schmierblattes "Der Stürmer', der auch in Schwabhausen verkauft wurde, kam es zu einem offenen Streit zwischen Ignaz Klas und dem Ortsgruppenleiter. Dieser führt zur einzigen Verurteilung im Dorf während der NS-Zeit: Klas musste für 4 Monate ins Gefängnis. Für einen Strafnach-lass setzte sich Pfab nicht ein.

 

Zu einem weiteren lautstarken Streit kam es Ende Februar 1945 am Lagerhaus zwi­schen dem Bauern Josef Vogt und dem Volkssturmführer Rudolf Jakob ("Kramer''). Es ging schon um die Frage, ob der Ort verteidigt oder kampflos übergeben werden sollte. Vogt musste zur Strafe am 10.3.45., zusammen mit Hohenauer, für zehn Tage nach Wörgl/Tirol zum Volkssturmlager, wo Übungen stattfanden.

 

Gerade als der Untergang des "Dritten Reiches" in den letzten Tagen des April auch für die linientreuen Gehilfen des Führers unabwendbar schien, zeigte sich, wie tief sich die Nazi-Ideologie schon eingegraben und wie brutal sich die Un­tergangsmen-talität des Führers auf einfach denkende Menschen, auf den kleinen Mann, über-tragen hatte. Während nämlich die Schwarzsender (z. B. Radio Belgrad) die Bauern ständig dazu aufriefen, ihre Ställe und Scheunen nicht in Brand zu setzen, vernich-tete der Schwabhausener Ortsgruppenleiter noch ein Lederlager östlich des Bahn-hofs, dort, wo im heutigen Siedlungsteil die erste Häuserreihe beim Bahndamm beginnt.

 

Was hätte Schwabhausen noch erwartet, wenn der Krieg nicht verloren gegan­gen wäre? Im Ort waren vier Leute von der Organisation Todt (OT) einquartiert, die in der Höhe der Bahnunterführung, auf den Drexl-Wiesen in Richtung Schöf­felding ein kleines "Dorf' vorbereiteten, in das einmal die Arbeiter der unterir­dischen Flugzeug-fabriken einziehen sollten. Man rechnete mit insgesamt 90.000 Beschäftigten, die die Me 262 und die 00 335 bauen sollten und die man alle um die Produktions-stätten herum ansiedeln wollte! In den Besprechungsprotokollen des Jägerstabes vom 03.08.44 heißt es: "Die ganze Frage der Unterbringung der Belegschaft in den Bunkerwerken ist gelöst, wenn wir acht Stunden arbeiten. Dann können geschlos-sene Züge 40 km weit wegfahren bis in entlegene Dörfer. .. Wir können die Leute auf Stationen aussteigen lassen, sie verteilen, wir können Zufriedenheit schaffen und ihnen auf die Dauer die Möglichkeit geben, ihren Gar­ten zu haben, um in der restlichen Freizeit ihre Ziege zu halten usw." (25) Es wa­ren schon Erdkabel für die elektrische Versorgung von Machelberg her verlegt und eine Rollbahn angelegt worden, und es wurden Kartoffelmieten zur Versor­gung der Bauarbeiter für die neue Dorfsiedlung geschaffen. (13) Be­zeugt wurde, dass dort schon drei halbfertige Baracken in Reihe standen, die später aber von der Bevölkerung zwecks Materialverwertung wieder abgetragen wurden. (18)