Waghalsiges per Boot und JU 52

Gebirgsjäger als Hilfsmatrosen
Gebirgsjäger als Hilfsmatrosen
Auf beschissener Seefahrt
Auf beschissener Seefahrt

Einsatz von Schiffsstaffeln (Phase 1)

 

0518: An diesem Sonntag beginnen die Verladung der beiden Schiffsstaffeln und die Zurichtung der je 30 Boote in den Häfen von Piräus und Chalkis. Die vielen Nicht-Schwimmer unter den Gebirgsjägern werden für den Fall von Havarien notdürftig trainiert und alle Gebirgsjäger in den Gebrauch von Rettungswesten und in seemännische Gepflogenheiten eingewiesen. Beide „leichte Schiffsstaffeln“ sollten gemäß ursprünglicher Planung nach der Eroberung eines Flugplatzes (Maleme) und einiger anderer Punkte auf der Insel (Chania und Iraklion) zeitlich günstig versetzt zur Landung der Truppenteile aus der Luft zusätzliche Verstärkung auf dem Wasserweg bringen. Dies, obwohl die Briten die Seehoheit haben. Doch darf man ab 0519 mit der Überle-genheit der deutschen Luftwaffe rechnen.

 

0519: Ein Teil der Gebirgsjäger, die erste Staffel mit den „Reichenhallern“ des III./Geb.Jäg.Reg. 100 unter OTL Ehal wird in Piräus, ein anderer, die zweite Staffel mit den „Waldlern“ des II./Geb.Jäg.Reg. 85 unter Major Esch, in Chalkis samt Ausrüstung und Mulis auf die be-schlagnahmten Schiffe (alte Fischerboote mit Segeln und Hilfsmoto-ren) geladen. Ankerlichten ist kurz vor Sonnenuntergang bzw. bei deren Aufgang am nächsten Morgen. Die zwei Abteilungen sollen versu-chen, unter dem Schutz von zwei italienischen Zerstörern im Abstand von sechs Stunden nach Kreta zu kommen. An Bord eines jeden der insgesamt 60 Boote besteht die Schiffscrew aus einem Unteroffizier der Deutschen Kriegsmarine und ein paar gedungenen griechischen Seeleuten. Die erste Staffel befördert ca. 800 Jäger, die zweite nicht viel weniger. Auch eine dritte Staffel aus vorwiegend schrottreifen kleinen Dampfkähnen wird noch bereitgehalten. An Kap Sunion vorbei geht es mit gemischten Gefühlen aufs offene Meer, das bekanntlich nicht das genuine Milieu von Gebirgsjägern darstellt.

 

Die Briten sind auf ein größeres, neuartiges Luftlandeunternehmen der Deutschen zwar vorbereitet und haben sich geschickt zur Abwehr bereit gemacht – aber auch der deutschen Seite ist bekannt, dass ihre Pläne durchschaut sind. Die Briten vertrauen darauf, dass die Partie für sie gewonnen ist, wenn es ihnen gelingt, mit ihrer überlegenen Seemacht zu verhindern, dass Truppen und schweres Gerät auf dem Seeweg nach Kreta gelangen. Wegen der Stärke der deutschen Luftwaffe müssen sie jedoch bevorzugt bei Nacht operieren wenn die Flieger dies nicht können. Die deutsche Einsatzleitung jedoch ist ziemlich ahnungslos darüber, wie stark die britischen und griechischen Streitkräfte auf der Insel sind. Dass auch die kretische Bevölkerung den deutschen Eindringlingen gegenüber nicht positiv disponiert ist, ahnt allenfalls der Ia der 5. Geb. Div., nicht aber der normale Jäger. Der wähnt sich eher wegen gewachsener kultur-traditioneller Bindungen willkommen.

 

0520: Beide Schiffs-Abteilungen kommen nur mit 7 Knoten voran und verlieren wegen technischer Pannen auch an Verbundenheit untereinander. Dennoch kommt die erste Staffel ungestört voran und kann um Mitternacht die Insel Milos passieren.

 

Luftlandeaktion

 

Die Flugzeuge starten vor Tagesanbruch von Megara, Korinth und Tanagra aus. Die dabei erzeugten riesigen Staubfahnen, die sich bei Windstille nicht legen, bringen den Zeitplan durcheinander. Das Frachtsegelflugzeug des Generalleutnants Süssmann gerät aus dem Schlepptau und er verunglückt auf Aegina. Der Angriff beginnt mit einem breiten Bombardement durch Stukas, um die Verteidigung „aufzuweichen“. Ein erster Absatzversuch der Fallschirmjäger durch Ju 52 gelingt zwar den Flugzeugen ab 07:15 relativ gut, doch gibt es hohe Verluste bei den Jägern schon in der Luft durch schweres Sperrfeuer, vor allem aber beim Aufsetzvorgang, wenn sie nach ihren Waffenkisten suchen. So kann Maleme nicht gleich eingenommen werden. Das III. Bat. landet unglücklicherweise in einer Gruppe neuseeländischer Verteidiger und wird binnen Minuten völlig aufgerieben. Das IV. Bat. hat es westlich des Flüsschens Tavronitis nicht so schwer und kann die Brücke besetzen. Auch das II. Bat. findet östlich von Spilia fast keinen Widerstand. Eine Verstärkungskompanie, die weiter westlich von Kastelli abgesprungen ist, wird jedoch von griechischen Truppen und Freischärlern einfach vernichtet. Generalmajor Meindl, der mit dieser ersten Welle in der IV. Bat. abgesprungen ist, wird durch einen Brust-durchschuss verwundet, so dass seine Kommandofunktion an den Leiter des II. Bat. abgegeben wird. Ein Angriff mit Gleitern durch die Kampfgruppe Hptm. Altmann gilt der Sicherung vitaler Interessen bei Chania, wird aber durch starke Verluste entwertet. Altmann selbst wird (zwei Tage später) für den Rest des Krieges gefangen genommen. Das 3. Fallschirmjäger-Regiment wird südwestlich von Chania niedergelassen, von dem aber auch viele Männer von Neuseeländern getötet werden. Über heftige Gefechte gelingt es den Fallschirmjägern dennoch, sich Agias zu bemächtigen und das dortige Gefängnis als Hauptquartier für Oberst Heidrich und seinen Stab zu etablieren. Dieser war südwestlich des Dorfes herunter gekommen – zur selben Zeit, als Süssmann mit seinem Gleiter bei einer Bruchlandung verunglückte.

 

Gegen Mittag kann das 3. Fallschirmjäger-Regiment Chania wegen starker Abwehr und Verlusten nicht erreichen und auch das Luftlande-Sturmregiment die das Flugfeld kontrollierende Höhe 107 nicht einnehmen. Flugzeuge gehen verloren, deren Auftanken per Hand nicht rasch genug geht und auch der Pistenstaub schadet dem Zeitplan – mit üblen Konsequenzen für die zweite Welle am Nachmittag.

 

Um 15:00 landet Oberst Sturm mit seinem 2. Fallschirmjäger-Regiment östlich von Rethymnon bei heftiger Abwehr durch eine australische Brigade, erleidet große Verluste und kann die Stadt nicht besetzen, nur zwei Igelstellungen westlich und östlich des Flugplatzes einrichten. Ebenso geht es dem 1. Fallschirmjäger-Regiment in Iraklion unter Oberst Breuer. Die (verspätete) Meldung dieser anfänglichen Misser-folge veranlasst General Student, die Gebirgstruppen alle in Maleme ankommen zu lassen, um die gesamte Operation noch zu retten – selbst wenn ihnen dort der Feind rundum förmlich im Nacken sitzt. Genau mit dieser Option hatte er sich bei der Planung der Operation gegen Löhr nicht durchsetzen können. Die Fallschirmjäger-Nester bei Rethymnon und Iraklion haben nun tagelang alle Hände voll zu tun, allein ihre Positionen zu verteidigen und ihre nackte Haut zu retten; an raumgreifende Aktionen ist nicht zu denken.

 

Konterattacken der Engländer am Ende dieses ersten Angriffstages gegen die Fallschirmjäger-Nester und die konzentrierte Verstärkung der Verteidigung um den Flughafen Maleme hätten die Sache für die Briten schon entschieden. Doch die Verteilung der deutschen Angriffe auf alle britischen Garnisonen hatte Freyberg eingeschüchtert. Andererseits hatte aber auch Student es noch nicht geschafft, Landepunkte für die Gebirgsjäger offen zu halten.

 

0521: Probelandeversuch durch Hptm. Kleye bei Anbruch der Dämmerung. Um 08:00 landen sechs Flugzeuge mit bitter benötigtem Material für die Fallschirmjäger. Danach entsteht überhaupt erst ein annähernd kontinuierlicher Strom einfliegender Maschinen. Der Divisionsstab der 5. Geb. Div. schafft es an diesem Tag nicht mehr auf die Insel. Erst im dritten Anlauf, nach einem konzentrierten Versuch und nach einem Absprung von Oberst Ramcke, gelingt die Einnahme des größten Teils der Rollbahn von Maleme. Dies, weil Fallschirmjäger inzwischen die Höhe 107 durch ein „Versehen“ der Neuseeländer doch erobern können. 14:30 werden Luftangriffe gegen deren Stellungen geflogen, gefolgt von Absprüngen von Reserveeinheiten. Dies wendet die Kontrolle zugunsten der Deutschen, jedoch steht die Rollbahn immer noch unter feindlichem Artilleriebeschuss. In diese Situation hinein, gegen 16:00 landen die ersten Mannschaften der Gebirgsjäger. Einige Flugzeuge stoßen zusammen, andere werden durch Artillerie zerstört, doch kann die Mehrzahl der Truppe entladen werden und versuchen, rasch aus der größten Gefahrenzone heraus zu kommen.

 

In der kommenden Nacht gerät das Pionier-Bataillon mit Mjr. Schätte westlich Kastelli in den Hinterhalt bewaffneter Zivilisten (Partisanen), die schon über 100 Fallschirmjäger umgebracht hatten.

 

Einsatz der Schiffsstaffeln (Phase 2)

 

Auf See gibt das italienische Torpedoboot der ersten Schiffsstaffel ein Zeichen, nach Milos zurückzukehren, da vor Kreta die Luft-Seeschlacht noch andauert. Während sie dort zu warten hat, trifft gegen Mittag auch die zweite Staffel aus Chalkis ein. Erst um 15 Uhr setzt die erste Staffel ihre Seereise fort in der Hoffnung des Admirals Südost, dass sie – mit Rücksicht auf die britische Marine - noch bei Tageslicht bei der neuen Destination Kap Spatha in der Nähe des Flughafens Maleme ankäme. Dies gilt auch für die zweite, später angesagte Staffel. Ein weiterer Grund für die Verzögerung ist, dass auch die ersten mit Flugzeugen beförderten Gebirgsjäger erst jetzt vom Festland starten können.

 

Die erste Schiffsstaffel wird jedoch 30 km nördlich von Chania gegen 23:00 Uhr von den Briten entdeckt, die im Schutze der Dunkelheit zurückgekehrt waren. Von Suchscheinwerfern erfasst, werden sie 2 ½ Stunden lang angegriffen. Mit Rammstößen versenken die Briten zum Teil auch Boote, die durch Beschuss noch nicht untergegangen waren. Das III./Geb.Jg.Rgt 100 unter Mjr. Ehall wird bei diesem Versuch, Kreta auf dem Seeweg zu erreichen, vollständig vernichtet. 506 Mann gehen mit ihren Booten und Rettungsbooten unter, ca. 200 können – zum Teil von Seenotfliegern - noch gerettet werden. 52 Versprengten gelingt es, mit ihren Schlauchbooten dennoch die Insel zu erreichen – ohne Ausrüstung, aber mit ihren Waffen - aber die meisten kehren zum griechischen Festland um. Die deutsche Einheit auf Kap Spatha, die Schutz bei der Landung geben sollte, ahnt von diesem ungleichen See-gefecht, da sie das Feuerzucken in der Nacht sieht und die Geschütze hört. Auch das italienische Torpedoboot erhält 18 Treffer und hat ge-nug mit sich selbst zu tun.

 

Churchill erklärt, dass die ganze Insel bis zum letzten Mann verteidigt würde. Die wirkliche Gefahr läge darin, dass ein Platz genommen wür-de, von dem aus weitere Luftlandetruppen hereinkämen. Doch, was Churchill noch deklarativ befürchtete, war schon geschehen. So wird im Krieg beschwichtigend informiert. Noch am 23. d. M. wird er sagen, der Flugplatz läge ständig unter britischem Feuer und die gesamte Küs-te dieses Abschnittes noch in britischer Hand.

 

0522 (Himmelfahrtstag!): Die andere Schiffsstaffel wird 09:30 Uhr südlich von Milos zwar auch aufgegriffen, doch das zweite italienische Torpedo¬boot – selbst unter Beschuss - hilft mit dem Legen von Ne-belwänden und einzelnen Attacken auf Kriegsschiffe, das Schlimmste gerade noch zu verhindern. Die Gebirgsjäger auf den Booten waren schon alle in ihren Schwimmwesten und bereit, über Bord zu gehen. Auch Linus G. ist bei diesem „Himmelfahrtskommando“ mit dabei. Doch müssen die Briten (unter Admiral King) nach wirksamer Bom-bardierung und großen Schäden durch die deutsche Luftwaffe die Atta-cke abbrechen. Diese leichte Schiffsstaffel muss dennoch ihren Lande-versuch vor der nordkretischen Küs¬te auf¬geben und kann in den Hafen von Piräus zurück¬kehren. Nach diesem Fiasko werden die Gebirgsjäger am nächs¬ten Morgen mit JU 52 vom Flugplatz Athen-Daphnion in Maleme eingeflogen.