Ethnologische Notizen zum Algarvío

Seefahrer und Persönlichkeiten früher und heute aus dem Algarve


Von den Seefahrern, die in der Zeit der Entdeckungen im 15./16. Jahrhundert die Schiffe komman­dierten und lenkten, stammen natürlich viele aus dem Algarve. Die - unvollständige - Auflistung zeigt gleichzeitig, dass keineswegs D. Henrique allein den Ruhm Portugals als führendes Seefahrervolk begründen konnte. Er brauchte viele kühne und sachkundige Helfer:

  

Alvaro de Freitas

Aljezur

Mit Lançarote zusammen, 1445 Entdecker einiger Inseln, wird als ritterlicher Mensch beschrieben

Álvaro Caminha Souto Maior

Faro

Entdeckte als Oberkapitän einer Armada die Insel S. Tomé (wurde ihm 1477 vom König vermacht)

Cristóvão Dória

Faro/Pechao

16. Jhdt.

Kapitän einer Galeere, später für „Heldentaten“ als Gouverneur in Afrika

Francisco Barreto

Faro

1520-1573

Kapitän dreier Schiffe nach Indien, Eroberer auch zu Gunsten Spaniens, Gouverneur Indiens

Álvaro Esteves

Lagos

Einer der tüchtigsten Piloten seiner Zeit, 1471 zuerst an der Goldküste, dann in São Tomé e Principe

Gil Eanes

Lagos

Diener von D. Henrique, umschiffte 1434 erstmals das Kap Bojador und ist später viel mit Lançarote an der afrikanischen Küste

Lançarote

Lagos

Lagerverwalter und Schildknappe von D. Henrique, einer der allerersten Entdecker, z.B. des Senegal (1444)

Vicente Dias

Lagos

Mit Lancarote zusammen, entdeckte mit seinem 45 t schweren Schiff 1446 Gambia und Cabo Verde (die Kapverdischen Inseln)

Gonçalo de Loulé

Loulé

Intelligenter und versierter Seefahrer, machte in Diensten des Vizekönigs in Indien abenteuerliche Beutefahrten

Belchior de Moraes

Tavira

Schiffskapitän, schrieb 1576 einen der ersten "Reiseführer" von Portugal nach Indien

Vasco Annes da Costa Corte Real

Tavira

Königl. Ritter, der zusammen mit D. Duarte und D. Henrique 1415 das eroberte Ceuta betrat.

 

Bei so viel tüchtigen Naveganten verwundert es nicht, dass gegenwärtig wegen eines portugiesischen Münzenfundes an der australischen Küste ernsthaft vermutet wird, nicht erst der britische Kapitän Cook habe diesen Kontinent 1777 entdeckt, sondern portugiesische Seefahrer seien früher schon dagewesen. Daneben werden aus diesen frühen Zeiten noch mehr tapfere Vaterlandsverteidiger als Nationalhelden gefeiert: Brites de Almeida, eine kräftige Bäckerin (padeira) aus Faro, soll nach der Legende in Aljubarrota 1385 sieben Kastilier mit der Backschaufel er- oder zumindest in die Flucht geschlagen haben. Ein Pero da Silva aus Silves zwang 1559 13 türkische Schiffe, die schon gelandet waren, die Häfen fluchtartig wieder zu verlassen...

 

Gestalten aus dem barocken Algarve

 

Ein Kompendium über das Königreich Algarve aus dem Jahre 1824 gibt beredte Kunde von vielen Gestalten aus dem barocken Algarve und aus der Zeit der Aufklärung, von denen wenigstens vier typische vorgestellt werden sollen, um sich diese Zeiten besser vergegenwärtigen zu können:                                                                                   

 

Alvaro Gomes de Gouveia

 

Militär im Restaurationskrieg

Porti­mão

diente sich als Soldat zum königlichen Leutnant hoch, fügte 1654 Mauren und Engländern in Seeschlachten Schaden zu, zeichnete sich 1657 bei Olivença gegen die Spanier aus, zog sich nach Castro Marim zurück, von wo er bei der Wiedergewinnung von Evora und bei der Schlacht bei Montes Claros mitkämpfte . Er wurde Kommandant von Alcoutim und befehligte die Küstenwacht. 1687 wurde er in den Ritterstand erhoben.

Fr. Angelo de Santa Maria

 

Gelehrter Mönch und Ethiker

Castro Marim

1664 als Kind angesehener Eltern geboren, studierte er Kirchenrecht in Salamanca, trat dort den Barfüßigen Karmelitern bei und studierte in Avila und Segovia weiter. Zurück in Portugal diente er seinem Orden als Provinzsekretär und Rektor eines Kollegs in Coimbra. Schrieb gelehrte Werke, unter anderem eine "Lusitanische Moralschule".

Gonçalo Antonio da Fonseca e Sa'

 

Königstreuer hoher Militär

Lagos

Als Sohn eines Artillerieleutnants wurde er selbst auch Artillerieleutnant, nahm 1774 an einem amerikanischen Feldzug teil, studierte danach Mathematik, wurde zum Brigade-Kommandeur ernannt, reiste beruflich viel herum und begleitete schließlich 1807 die königliche Familie als ganz hoher Militär bei ihrer Flucht vor den Franzosen nach Brasilien. Er starb dort 1812.

Jose Diogo Mascarenhas Neto

 

Aufklärerischer Politiker und Universalgelehrter

Alcanta­rilha

1752 geboren, studierte Jura in Coimbra, war Richter in Nordportugal, wo er sich durch eine Statistik seiner Provinz einen Namen machte. 1788 wurde ihm das Straßenbau- und Postwesen übertragen. 1810, unter der französischen Bedrohung, ging er auf eine beschwerliche europäische Studienreise und gründete eine Vereinigung zur Förderung der kriegsbedingt daniederliegenden Wissenschaften, Kultur und Literatur. Hochbetagt zog er sich nach Portugal zurück, wo er 1826 starb.

 

Diese Kurzbiographien mögen genügen, um einen Einblick in das algarvische Leben vergangener Zeiten zu bekommen. Es soll also nicht weiter die Rede sein von einem Kleriker, der von der Kirche absprang, zur See ging und dann Erfindungen machte (Jose Joaquim Ribeiro aus Lagos), von einer treuen Seele, die ein Leben lang im Dienste des Königshauses stand (Lourenço de Caceres aus Lagos), von einem Mediziner, der sich auf Hydraulik spezialisierte und nach ausgedehnten Reisen in Europa, zurück in Portugal, die Wissenschaften förderte, alle seine Werke aber bei einer Havarie verlor, dann auch noch als Deputierter für den Algarve politisch wirkte, bis ihn 1833 ein Schlaganfall ereilte ... (Manoel Pedro de Mello aus Tavira).

 

Bekannte Algarvíos unserer Zeit

 

Es ist hier nicht angebracht, alle bekannten Namen aus ganz Portugal aufzuführen - so sie denn überhaupt über die Grenzen hinaus bekannt wurden - also die Namen von Amália Rodrigues, der Fado-Sängerin, von Eusébio, dem Fußballer, Fernando Pessoa, dem spät erkannten Dichter, von Humberto Delgado, der als General gegen Salazar todesmutig aufmuckte oder von Vieira da Silva, der Malerin, die früh schon nach Paris emigrieren musste, von Maria João Pires, die Mozart, Schubert und Chopin wundervoll auf dem Klavier zum Klingen bringt (und dabei von der Deutschen Grammophon gut vermarktet wird) oder ... von vielen anderen.

 

Hat auch der Süden neben Aníbal Cavaco Silva aus Bouli­queime, der zehn Jahre lang portugiesischer Ministerpräsident war oder dem weniger bekannten Europaabgeordneten der PS im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz Pechão/Olhão, José Apolinário, andere große Töchter und Söhne hervorgebracht? Die folgende Aufzählung von Algarvíos des 20. Jahrhunderts ist natürlich lückenhaft und willkürlich:

 


Name

Ort, Daten

Kurze Würdigung

Manuel Cabanas

1902 - 1995

Autodidakt, Künstler (Holzschnitzer) und Galerist; Sozialist

Julio Filipe de Almeida Carrapato

Faro

1919-1985

Rechtsanwalt, sozialistischer Publizist und Abgeordneter; erster Zivilgouver-neur des Distrikts Algarve nach 1974

Antonio Ramos Rosa

Faro

1924-2013

Lyriker, Essayist, Literaturwissen-schaftler, Herausgeber literarischer Zeitschriften, umfangreiches Werk

Gastão Cruz

Faro

1941-

Germanistikstudium; Poet, Lehrer, Mitarbeit an literarischer Zeitschrift

Manuel J. G. Baptista

Faro

1936-

abstrakter Maler und Grafiker, Organisator von Ausstellungen, auf internationalen Ausstellungen vertreten

Francisco Fernandes Lopes

Olhão

1884-1969

Mediziner, Publizist, Komponist von Opern, enzyklopädisches Wissen

João Lúcio

Olhão

1880-1918

impressionistischer Dichter, ließ die Villa in Quinta Marim/Olhão bauen

Manuel Zorra

Olhão

1894-1979

Als „Manny Zora“ zum Alkohol-schmuggel in Diensten Al Capones; vgl. Scott Corbetts  "The Sea Fox"

Manuel Teixeira Gomes

Portimao

1860-1941

Schriftstellernder letzter Präsident der ersten Republik. Romane und  Kurzge-schichten voller algarvischem Leben. Vorliebe für antikes Griechenland. Starb im Exil in Algerien.

Antonio Fernandes Aleixo

V.R. S.to Antonio und Loulé

1899-1949

Geringe formale Schulbildung, ver-schiedenste Berufe, auch Schäfer und Maurer; tiefsinniger, genialer, auch im-provisierender Poet und Reimemacher

 

António Aleixo

I

 

Meu Algarve encantador,

P’ra o poeta e p’ra o pintor

Tens motivos de sobejo ...

Até eu, se tivesse arte,

Queria ao mundo mostrar-te

Como te sinto e te vejo.

 

II

 

Meu Algarve encantador,

Apart da tua alegria,

Tens o encanto, a magia,

Das amendoeiras em flor.

 

III

 

Meu q’rido Algarve, em Janeiro,

Ao turista endinheirado,

Escondes o corpo ulcerado

No fatinho domingueiro.

 

IV

 

Só vêem flores os olhos

Desses ilustres senhores,

Mas no Algarve, os abrolhos

Sao muito mais do que as flores.

 

V

 

Mas quem, como eu, o conhece,

Sabe que ele infelizmente,

Por dentro é muito diferente

Do que por fora parece.

 

Algarve (por dentro e por fora)

I

 

Mein bezaubernder Algarve,

Du hältst für Dichter und Maler

Motive in Fülle bereit ...

Wäre mir die Kunst zu eigen,

würd’ auch ich der Welt gern zeigen

Wie ich dich seh’ und spüre.

 

II

 

Mein bezaubernder Algarve,

zu Deiner Freude hinzu

kommt der Zauber, die Magie

der Mandelbäume in Blüte.

 

III

 

Mein geliebter Algarve, im Winter

verbirgst du den schwärenden Körper

dem betuchten Touristen

unterm Sonntagsgewande.

 

IV

 

Die Augen dieser noblen Herren

sehen nur die Blumenpracht,

doch im Algarve gibt’s stachlige

Disteln mehr als schöne Blumen.

 

V

 

Doch wer wie ich das Land so kennt,

weiss, dass es unglücklicherweise

in seinem innern Wesen anders ist

als es von aussen prächtig scheint.