Abschied, Nachruhm und Heldengrab

Gedenkmedaille zum Soldatentod Schonbergs 1690
Gedenkmedaille zum Soldatentod Schonbergs 1690
Das Grafen-Wappen Schonbergs
Das Grafen-Wappen Schonbergs

Abschied von Portugal

 

Noch war Schonbergs Militärdienst nicht beendet. Das Militär musste äußerst wachsam bleiben und auch weiterhin Soldaten anheuern. So auch die Spanier, die im Monat Januar bei Sturm vor Cadiz eine Schiffsladung voll italienischer Legionäre verloren. Zu dieser Zeit ließ Schonberg durch seinen mestre do campo general, den Reitergeneral D. Dinis de Melo e Castro die Flussschiffe verbrennen, mit denen die Spanier von Badajoz aus ihre Garnison in Juromenha versorgten.

 

Am 07. März 1667 brach er mit 4.000 Infanteristen (acht terços) und 600 Kavalleristen, also wesentlich verkleinert, zur Frühjahrsoffensive von Estrémoz auf, diesmal gegen Albuquerque. Es schien nun an der Zeit, diesen ehemals portugiesischen Ort[1] wiederzugewinnen. Nach Flussdurchwatungen und einem Nachtmarsch wurde der Ort überrumpelt. Die Besatzung konnte sich jedoch gerade noch in die Oberstadt zurückziehen und dort verschanzen. Deren Stürmung misslang, da Vorauskundschafter zu niedrige Mauern angegeben hatten und die mitgebrachten Petarden (Sprengkörper) für die tatsächlich massiveren Mauern zu schwach waren. Nach Plünderung des unteren Ortes und kleineren dabei erlittenen Verlusten (20-30 Mann, darunter aber auch der französische Offizier Duc de Neaumentier, der einem Kopfschuss erlag) musste abmarschiert werden. Das spanische Reiterregiment und das irländische Infanterieregiment in der Oberstadt blieben unbeschadet. Das nahe liegende Juromenha sollte auf ausdrückliches Geheiß des Ministers als nächster Ort nicht belagert werden, obwohl Schonberg voraussichtig genug diesen Platz der Spanier zuvor schon schwächen ließ. Ein Beispiel für die bröckelnde Allianz zwischen dem unter Druck geratenen, maßgeblichen Politiker und dem obersten Feldherr, dessen Kompetenz von niemandem mehr bestritten, dessen Performanz wohl aber nun politisch beschnitten wurde.

 

Inzwischen waren die aktuellen Neuigkeiten zum türkisch-venezianischen Krieg auch nach Portugal gedrungen. Viel lieber hätte Schonberg dort im großen Maßstab seine Talente eingesetzt, als hierzulande mit den schwächelnden Spaniern Grenzhändel und kleinkarierte Belagerungen durchzuführen, die dann auch noch schief liefen. Auf Frankreichs Seite hätte er allerdings nicht gegen die Türken vorgehen können, denn Luis XIV. hatte gerade mit dem türkischen Großvezir heimlich einen Frieden ausgehandelt, um die Habsburger insgesamt und die in Wien insbesondere zu schwächen. Nun hörte man, dass im ganzen Reich, aber auch in Polen und Russland Truppenkontingente zusammengezogen wurden, um „das christliche Abendland“ zu retten.

 

Im April hörte man von der nahen anderen Seite, die Kastilier wollten alle ihre Kräfte, Männer, Reiter und Ausrüstungen bei Badajoz, Juromenha und Olivença zentrieren und noch einmal alles versuchen, um das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden. Die angegebenen Zahlen konnten nicht stimmen und auch der durch einen strengen Winter bedingte schlechte Zustand der Pferde – auf beiden Seiten – ließ das annoncierte Vorhaben unglaubwürdig erscheinen. Also hielten es die Portugiesen für besser, alle ihre Plätze im Grenzland gut zu sichern und sich defensiv zu verhalten. Allerdings wurden Stoßtrupps ausgesandt, um Gefangene zu nehmen, aus denen man die wahren Absichten des Gegners herauspressen könnte. Einer dieser Trupps, der im Mai von Vila Viçosa ausging, um die Gegend um Olivença auszukundschaften, stieß auch auf einen Trupp der Gegenseite, der dieselbe Absicht hatte. Es kam zu einem heftigen Kampf, bei dem sich die Portugiesen geordnet zurückzogen, jedoch durch den Sturz seines Pferdes ihren Anführer (Generalleutnant João de Crato) in Gefangenschaft verloren.

 

Schonberg hatte genug Grund, einen solch mageren Ausgang nach sieben Jahren Krieg, nach so viel Aufwand und Opfern und Verzicht auf persönliche Lebenszeit zu beklagen, war ihm inzwischen in Deutschland doch seine Frau verstorben und auch sein Sohn Heinrich bei Brüssel gefallen. „… Als wir die Schlachten gewonnen hatten, hätten wir sie besser nutzen sollen als dies geschah. Am Beispiel von Montes Claros zeigt sich, dass man, nachdem es so viel Arbeit gemacht hat, den Feind hätte bis Juromenha verfolgen müssen, wo man den Rest der Infanterie mit ihrem Gepäck hätte kassieren können, und wenn wir nicht sehr viel Kavallerie schon beim Überqueren des Guadiana gefasst hätten, hätten wir sie noch bis vor die Tore von Badajoz verfolgen müssen und hätten dort bis Mérida alles aufreiben können.“[2]

 

Hier zeigt sich wieder, dass Schonberg mit seinen sieben pflichtbewusst absolvierten Dienstjahren in Portugal nicht in das Schema eines normalen Söldnerdaseins passte. Er war in gewissem Sinn mehr Portugiese, als die nationale Geschichtsschreibung zugeben möchte.[3]

 

Während der geschilderten Hofkabalen in Lisboa hatte sich Schonberg in seiner Militärprovinz Alentejo aufgehalten – vermutlich nicht ungern. Sein Beitrag zur Kalmierung der hochgefahrenen Zwistigkeiten bei Hof bestand darin, die Truppen nicht etwa zusammenzuziehen oder in Einsatzbereitschaft zu halten, wie Castelo Melhor angeordnet hatte, sondern an verschiedenen Orten auseinander gezogen zu lassen, so dass sie nicht so leicht von Castelo Melhor gegen den Infanten, aber eigentlich von beiden Seiten nicht gebraucht werden konnten.

 

In der zweiten Hälfte des Jahres hatte Schonberg, das zeigen seine Briefe an den Hof, vor allem Personalfragen beim militärischen Führungspersonal zu klären und sich mit Problemen der Stationierung der fremden Truppen in portugiesischen Garnisonsstädten herumzuschlagen. Insbesondere in Évora und Beja nahmen Unannehmlichkeiten durch französische Truppenteile bei der einheimischen Bevölkerung zu. Bei Hof tat man sich relativ leicht damit, zu fordern, die betreffenden Regimenter sollten einfach ausgelagert werden, damit die Klagen der Bevölkerung nachließen. Doch wohin damit, wenn gleichzeitig die Landesverteidigung möglichst grenznah von befestigten Stätten aus erfolgen sollte und schnelles Reagieren bei feindlichen Überschreitungen geboten war? Darum kam auch ein weites Auseinanderziehen der Truppenteile nicht in Frage. Schonberg zeichnete außerdem ein ausgeprägtes Fürsorgedenken für seine Soldaten aus, nicht nur aus ethischen Gesichtspunkten, sondern auch in Hinblick auf die Tüchtigkeit der Soldaten für den potentiellen Einsatz. Das bedeutete, dass er nicht zulassen konnte, dass sie auf nacktem Boden auf dem Felde schliefen und nicht wussten, woher sie das Futter für sich und ihre Tiere nehmen sollten. Zu bedenken war auch, dass in Elvas schon die englischen Truppen mehr schlecht als recht einquartiert waren und auch dort ein Drittel der Soldaten auf dem Boden schlief; es fehlte eben allenthalben an geeigneten Unterkünften. Im nahen Campo Maior waren die Regimenter vom Hof, also Portugiesen, untergebracht und es war interessant zu erfahren, dass auch dort das einheimische Volk aufbegehrte und forderte, man möge die Soldaten nach Montemor zurückziehen. So schrieb Schonberg unter Darlegung all dieser Gesichtspunkte am 29.06. dem König, also in Wirklichkeit dem Staatsminister Castelo Melhor „Wenn Eurer Majestät nicht gedient ist, dass die Truppen in Beja untergebracht werden, wäre es nötig, dass Eure Majestät mir bestimmt erklären, wohin man sie versetzen soll, damit man die Auswahl besser treffen kann.“ Und weiter heißt es: „Was die Vorsorge betrifft, die mir Eure Majestät in Hinblick auf Serpa aufgetragen haben, habe ich Eurer Majestät bereits vorgetragen, dass die Kraft des größeren Aufgebotsder Kavallerie, die der Feind auf dieser Uferseite besitzt, so ist, dass er uns zwang, hier zusammenzueilen, um ihr die heftige Anfangsstoßkraftzu nehmen. Eure Majestät kennen sehr wohl die Treueschwüreder Anführer dieses Heeres, und in diesem Sinne habe ich auch den Auftrag ausgeführt, nur kann es sein, dass diese unsere Erschütterung den Entschluss zu Invasionen behindert hat. Da wir uns in verschiedenen Teilen versprengt fanden, konnten wir keiner einzigen helfen. Um auf diese Weise noch jenen Schaden abzuwenden, hatte ich zwei berittenen Kompanien aufgetragen, in Serpa auszuhelfen, wobei ich dem Gouverneur der Festung mitteilte, er möge besonders vorsichtig sein, wenn er Ausfälle mache und das Vieh zurückziehen ließ. Dieser benachrichtigte mich, dass die Besitzer des Viehs den Befehl nicht ausführen wollten, den er ihnen viele Male aufgetragen hatte.“    

 

Mitte August war immer noch keine Lösung der Einquartierungsprobleme gefunden worden. Für Schonberg und seinen Auftrag war klar, dass ein Teil der Truppen zwar nahe bei den möglichen Einfallspforten des Feindes positioniert sein müsste, ein Teil bei den nächst zurückliegenden befestigten Städten und ein anderer Teil noch weiter hinten, aber eben nicht zu weit. Als man zwei Regimenter von Beja nach Cuba verlegte, war dies den Beschwerdeführern wohl immer noch nicht genug; Seine Hoheit, D. Pedro, an den man sich wohl direkt gewendet hatte, wollte den gesamten Bezirk Beja von fremden Truppen bereinigt sehen. Dabei wurde nicht gesehen, dass man sie selbst nach Alcácer do Sal hätte zurückziehen können – Unterkünfte gab es auch dort nicht, aber dort hätten die Truppen nichts genutzt und niemandem gedient. Wieder wurde eine königliche Entscheidung angemahnt, die alle defensiv-strategischen Aspekte berücksichtigt und gleichzeitig ausgleichende Gerechtigkeit gegenüber der Bevölkerung impliziert. Selbst wenn König und Staatsminister zu diesem Zeitpunkt noch voll auf die Staatsgeschäfte konzentriert gewesen wären und nicht auf die Abwehr einer sie vernichtenden Intrige – eine Lösung der Quartierfrage war nicht möglich bei einer Bevölkerung, in der jeder nur für seinen Teil versucht, sich Erleichterung zu verschaffen, ohne noch auf das gemeinsame Wohl zu achten, das in der immer noch nötigen Verteidigung der gesamten Provinz bestand.

 

Mitte September 1667, der Vertrauenssekretär des Königs war gerade entmachtet worden und es musste jetzt nur noch der König fallen, mahnte Schonberg eine Beantwortung seiner Schreiben von Ende Juli und Mitte August in der Sache Truppenverlegungen an. In Alcácer do Sal seien die Reitertruppen nichts wert, da sie drei Tage brauchten, um an die Grenze zu gelangen und dort kämen sie dann auch aufgebraucht an und andere geschlossene Plätze gäbe es einfach nicht. Fast möchte man annehmen, dass hinter diesem sich hinziehenden Gerangel um die Stationierung der portugiesischen Truppen ihre versuchte Funktionalisierung für den Machtkampf am Königshof in Lisboa stand. Ihre Massierung bei Alcácer do Sal hätte rasches Eingreifen in der Hauptstadt ermöglicht und dagegen wandte sich Schonberg mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, hauptsächlich mit der Logik der Landesverteidigung.

 

1667 nahm Schonberg als seine letzte kriegerische Handlung in Portugal lediglich Forceira bzw. Ferreira[4] ein, von dem aus die Spanier die Gegend verunsicherten und machte dort Kriegsgefangene, unternahm Kavallerie-Streifzüge und kehrte dann nach Elvas zurück. In einem Brief erklärt er näher, wie sich diese bei Hof angekündigte Aktion zugetragen hat. Zusammen mit dem Gourverneur der Grenzfestung Penamacor begannen sie die Belagerung mittels Laufgräben. Als sie ihre Geschütze einsetzten, suchte der gegnerische Gouverneur schon beim zweiten Schuss die Kapitulation unter günstigen Bedingungen, die auch gewährt wurden. Er und seine Kapitäne durften mit ihren Waffen gehen, die Soldaten den Degen behalten, Bürger und Bauern nur mitnehmen, was sie tragen konnten. Dem Gouverneur und einem seiner Kapitäne wurde das eigene Pferd belassen, als am Mittag des 29. September 1667 das Führungpersonal mit 50 Soldaten und etwa 70 zivilen Bewohnern ihre Festung verließen, von der aus sie, gut beritten, viele Plätze in den portugiesischen Beiras verunsichert hatten. Sie fühlten sich zuvor gut geschützt vor Gegenangriffen durch die natürlich Lage und beste Beschaffenheit ihres Platzes, zu dem auch ein genügend breiter Graben gehörte. Schonberg ließ dort einen sargento mor und hundert Mann Besatzung zurück und entbot am Ende seines militärischen Einsatzes in Portugal und am Briefende, selbstbewusst dienend,

 

„Glückwünsche zu diesem Erfolg zu den königlichen Füßen Eurer Majestät, mit dem Wunsch, dass sie zum Ruhm und zur Bereicherung der Streitmächte Eurer Majestät gereichten. Gott beschütze die allerhöchste und mächtige Person Eurer Majestät, die wir so nötig haben. Campo de Ferreyra a 29 de Setembro de 1667. – O Conde de Schonberg.“

 

Das Ende des Ministers, mit dem er sich im Prinzip zuvor gut verständigen konnte, wird Schonberg mit gemischten Gefühlen aufgenommen haben. Ihm war schon klar, dass er bei Castelo Melhor verleumdet worden war, nur wissen konnte er nicht, dass Padre de Ville (von der französischen Fraktion) hinter der Verleumdung stand. Man bekommt aus dem weiteren Briefverkehr den Eindruck, dass Schonberg die Schwächung und schließliche Entfernung seines maßgebenden Ministers, den er zuletzt in seiner ausbremsenden Strategie als Belastung empfunden haben mag, zu seinen Gunsten zu nutzen versuchte. So saß er nun als Gouverneur des Alentejo in Estrémoz und heckte langgehegte Pläne aus. „Im Wunsch, im Dienste Eurer Majestät nicht müßig zu werden und den Ruf der Armee Eurer Majestät zu mehren und bei so viel erworbener Fortune, möchte ich vorschlagen, noch im Oktober, also vor Einbruch des Winters, der uns alle wünschenswerte Arbeit verunmöglichen wird, Ayamonte einzunehmen, denn die Einnahme dieses Platzes würde der Armee viel bringen…“ Er führt die permanente Bedrohung durch den Feind in Andalucia an, der aber, wie die Erfahrung mit San Lucar zeige, verletzbar sei. In dieser intakten Provinz könne man noch große Gewinne machen und zwei große und reiche Orte einnehmen, die so gut wie nicht befestigt seien: Gibraleon und Huelva. Für diesen Waffengang benötige er allerdings – wohl wegen der übergroßen Schwierigkeit des Übergangs über die algarvische Bergkette Alcaria do Cume - einige Fregatten, die drei terços Infanterie, Ausrüstungen und Munition nach Castro Marim brächten. Von dort aus wolle Schonberg mit seinen Truppen gen Ayamonte marschieren. Um gegen eine mögliche Diversion des Feindes gewappnet zu sein, bräuchte er allerdings auch noch 3.000 Infanteristen und einen Gutteil Kavallerie. 1.500 Infanteriesten könnten von den Beiras abgezogen werden, die bis Crato leicht kommen könnten und von dort aus notfalls eingreifen könnten und zwar sowohl im Norden als auch im Süden, je nachdem, wo der spanische Entlastungsangriff erfolgte. Daraus wurde dann nichts mehr, da in Lisboa einmal ein politischer Stratege fehlte, der Schonbergs Pläne hätte abstützen und durch den König absegnen lassen können. Auch war die politische Erschütterung am Königshof pervasiv und andauernd und im Volk brach eine riesengroße Friedenssehnsucht aus.  

 

Bestimmt musste Schonberg nun auch erst einmal die sich überstürzenden Ereignisse verkraften. Im Frühjahr 1667 noch war er damit konfrontiert, für weitere 10 Jahre im Auftrag Frankreichs Dienst in Portugal verrichten zu sollen – und dies unter Umständen, die er nicht billigen wollte. Er sollte in jedem Fall einem portugiesischen Gouverneur einer Provinz oder eines Kampfplatzes unterstellt sein. Und nun, mit dem Friedensvertrag, der im Januar 1668 in Madrid und im Februar in Lisboa unterzeichnet wurde, stünde er wieder einmal ohne Arbeit da. Gut, Spanien erkannte nun die Unabhängigkeit Portugals an und dazu hatte er seinen guten Teil beigetragen. Was ihn jedoch nach wie vor wurmte, war, dass aus seinen militärischen Bemühungen und trotz seiner Vorhaltungen bei Castelo Melhor und prinzipieller Konkordanz mit ihm kein substanzieller Gewinn für Portugal heraussprang. Andalucia war für Castelo Melhor zuletzt tabu, aus welchen ethischen oder ethnischen Überlegungen heraus auch immer. Und Galizien, das Castelo Melhor als Kriegsgewinn in Friedensverhandlungen zugestanden haben wollte, hätte erst mal vollständig erobert werden müssen. Wäre der Minister nicht dieser Verschwörung anheim gefallen, hätte er bei den Verhandlungen schon mehr herausschlagen können. So aber konnte es nicht anders kommen, als dass die allgemeine Friedenssehnsucht im Volk, ein stark auftretender Volksrichter, ein entsetzter Blick auf die leere Staatskasse, eine raffinierte englische Diplomatie dieses Lord Sandwich, der Frankreich eine Niederlage verpassen wollte, ein für Frankreich schwach agierender Baron de St. Romain und dazu noch ein verturteltes Herrscherpaar, dass all dies zusammen zu einem verhudelten Friedensvertrag führte, der die militärische Arbeit nachträglich entwertete. So oder so ähnlich ging es in Schonberg um.

 

Nun, zum Dank und Trost blieb einem ja noch das Grandendiplom, worin man in schönem Latein zum 1° Conde de Mértola ernannt wurde; ein zwar erblicher Titel, jedoch ohne Güter dabei. Für die Übereignung von vererbbaren Besitztümern aus dem Ritterorden hätte man katholisch sein müssen. Stattdessen hatte die portugiesische Krone nur eine recht knappe Pension von umgerechnet 314 fl (im 24 Guldenfuß) übrig. Fragt man heute im Rathaus zu Mértola nach einem Conde gleichen Namens, erntet man nur Achselzucken. Immerhin war eigens wegen ihm das Städtchen nominell zur Grafschaft erhoben worden.

 

Am 06. Mai traf der französische Vize-Admiral, der Comte d’Etrée, mit einem Geschwader von vier Kriegs- und 14 Transportschiffen in Lisboa ein, um die französischen Truppen aus Portugal abzuholen. Schonberg hatte so viele Schiffe verlangt, um für jede Reiterkompanie 28 Pferde mitzunehmen, damit mit diesen in Flandern gegen Spanien für Frankreich weiter gut gedient wäre. So war der ruhelose Schonberg im Geiste schon wieder auf anderen Schlachtfeldern. Wie die weitere Geschichte zeigt, fanden die Pferde tatsächlich wieder Verwendung gegen Spanien, trotz dessen Friedensschluss mit Portugal. Die englischen Hilfstruppen übergab Schonberg dem Kommando seines Sohnes Friedrich, um sie auf englischen Schiffen zurückzubringen.[5]



[1] Der Name Albuquerque leitet sich ab von Alba quercus und gehörte schon seit 1220 zu Portugal unter D. Sancho I. Später ging es durch Betrug und Aufstände zu Spanien über. Auch Marialva hatte es 1664 vorübergehend wieder zurückerobert gehabt.

[2] zitiert nach Ayres in Dores Costa

[3] Ribeiro (….) zögert nicht mit der Einzelwürdigung dieses ausländischen Heerführers, möchte jedoch beim bilanzierenden Vergeben von Sieganteilen den fremden Truppen – im Gegensatz zu Voltaires Einschätzung im „Jahrhundert Ludwigs XIV.“ - keine Vorzugsnoten vergeben. Ribeiro behilft sich mit dem Vergleich der Anzahl  inländischer und ausländischer Regimenter bei der Kavallerie (9:5) und bei der Infanterie (20:6), vergisst darüber jedoch Schonbergs systematische Militärreformen von Anfang an, durch die die Truppenteile überhaupt kommensurabel wurden und die Einführung militärischer Disziplin. Nur Cristóvão Aires erklärt uneingeschränkt: „Alles, was man zum Lobe und zur Ehre des großen Feldherren sagt, ist berechtigt. Seinen hohen strategischen Fähigkeiten, umfangreichen militärischen Kenntnissen, seiner Unerschrockenheit und seinem Mut verdanken wir unsere Unabhängigkeit.“ (zit. nach R. Daehnhardt, 1998, S. 116)

[4] Beide Orte sind auch in guten Karten nicht auffindbar; da Ferreira jedoch im Zusammenhang mit Zarza la Mayor genannt wird, dürfte es sich um kleinere, aber gut gelegene Festungen im spanischen Grenzland gegenüber Castelo Branco handeln.

[5] Rund 1.000 englische Soldaten blieben noch in Portugal bis September 1669, dem Zeitpunkt, zu dem Sir Robert Southwell deren rückständigen Sold von den portugiesischen Auftraggebern eintreiben konnte.

 

Nachruhm

 

Von Schonberg blieb in Portugal ansonsten nicht viel mehr zurück, als eine Zeit lang noch seine elegante Art, sich zu kleiden und eine blonde Perücke zu tragen. Die Bilder und Figuren der Heiligen, die bei den häufig stattfindenden Prozessionen herumgetragen wurden, erhielten immer mehr das Aussehen Schonbergs. Man gab ihnen lange und blonde Lockenhaare, zog ihnen Leibröcke mit Bordüren über und band um den Hals herum üppig geklöppelte Beffchen oder Schals. Die Kleriker versuchten dies dann zu unterdrücken, indem sie die Bekleidung oder Anbetung von Heiligen á Schomberguem von der Kanzel herunter untersagten, doch bezeugt dies immerhin: Im Volke war er angekommen obgleich schon wieder abgereist. Auch hielt sich ein Jahrhundert noch eine Redensart, die auf Schonberg zurückgeht. Wenn sich jemand des Verdachts, ein Großsprecher oder Prahlhans zu sein, bescheidenerweise entledigen wollte, konnte man seinen Gesprächspartner rhetorisch fragen: „Wusstest Du nicht, dass ich der Schonberg bin?“[1]

 

In Glaubensdingen für sich selbst treu und fest, hatte er es durch seine Art verhindern können, dass sich religiöse Proteste an seiner calvinistischen Konfession entfachten. Man bezeichnete ihn schon hie und da als herejo, als Häretiker; dies war aber hierzulande nur die übliche Bezeichnung für Protestanten insgesamt. Die Allianz zwischen einem mondänen Protestanten und seinen fast ausschließlich römisch-katholischen Personumfeld funktionierte in diesem Fall zu dieser Zeit noch störungslos.

 

In der national ausgerichteten Geschichtsschreibung Portugals (insbesondere um 1940) wird Schonberg manchmal gar nicht, manchmal gerade eben als damals existierend erwähnt; immer aber waren es die portugiesischen Generäle, die die Schlachten für sich und die Unabhängigkeit für Portugal erkämpft hatten.[2] Ganz anders urteilte die europäische Öffentlichkeit seiner Zeit und noch hundert Jahre danach: Seine Feldzüge hier zwischen 1661 und 1667 sicherten ihm einen sehr hohen Bekanntheitsgrad und einen guten Namen. Im militärischen Bereich war er es, der die Niederlagen der Spanier bewirkte und auch den endgültigen Sieg, der Portugal die Unabhängigkeit von Spanien für immer sicherte – dank seines Geschicks, Soldaten unterschiedlicher Provenienz zu einer starken Truppe zusammenzufügen und dank seiner auf reicher Erfahrung gründender Improvisationskunst in kritischen Situationen des Kampfgeschehens. 

 

Von dem, was ihm 1892 der Kollege Christovam Ayres nachrief, ist ungewiss ob es auf unerforschlichen Wegen noch beim längst Verblichenen ankam, doch soll es dessen ungeachtet hier zitiert und damit irgendwie spirituell vermittelt werden:

 

„Aus einer anfänglich inferioren Position heraus, seinem Ruf und seinen wirklichen Talenten nicht angemessen, akzeptierte er diese (Ausgangssituation) aus den dargestellten Motiven heraus und konnte sich doch dank seiner Autorität durchsetzen. Er hielt diese Situation fünf Jahre lang durch mit großer Klugheit und Weisheit. Und schließlich, 1666 in der Stellung eines Gouverneurs des Heeres im Alentejo, gelang es Schonberg, nicht nur unsere Grenzen zu verteidigen, sondern auch die Bewegungen des Feindes in dessen eigenem Land zurückzuschlagen. Seine kühnen Streifzüge in Galizien, Andalucia und anderen Orten in Spanien verursachten sowohl das Erstaunen als auch das Erschrecken bei der Regierung in Madrid. - Die militärische Operation vom 5. Juni 1663 am Ribeira Degebe wurde berühmt durch die Anwendung der obersten Prinzipien der Strategie und Taktik angesichts einer heiklen und schwierigen Situation.“[3]  

 

Sein in Portugal anfangs geäußerter Wunsch, man möge ihn nicht als Ausländer, sondern als wahren Portugiesen ansehen, hätte wohl eine Entsprechung verdient…

 

Von allen weiteren Geschehnissen bekam Schonberg nur noch aus dem fernen Frankreich mit, wo sich nach dessen Ankunft in La Rochelle seine Weiterreise nach Paris zu einem wahren Triumphzug gestaltete. Öfters mit Lobreden bedacht, antwortete er bezeichnenderweise, er verdiene so großes Lob nicht und „Ich suchte nur, so viel in meinen Kräften war, zum Ruhme meines Königs beizutragen.“

 

Ob er, in Paris angekommen, die Muse hatte, die Klatschgeschichten, die über den portugiesischen Hof gebildet wurden, nachzulesen, mag bezweifelt werden. Immerhin war er bei seinem zweiten Aufenthalt in Portugal, 1687, dort gerne gesehen und fädelte auch die Wiedervermählung D. Pedros mit einer kurpfälzischen Prinzessin ein. Die Intrigengeschichten werden dann wohl nicht mehr aufgetischt worden sein. Nach Schonbergs Tod erst kam in Hamburg das Buch eines gewissen Menander (eigentlich Christian Friedrich Hunold) heraus mit dem Titel „Der Europäischen Höfe Liebes- und Helden-Geschichte, der Galanten Welt zur vergnügten Curiosité ans Licht gestellt“. Mit den historischen Fakten wird darin nicht besonders sorgsam umgegangen.

 



[1] „Tu imaginas que eu sou o xumbergas?” (Gomes de Brito, 1862, S. 13)

[2] Ausnahmen bilden: Aires, 1892 und César, 1913

[3] vgl. Aires, S. 37/38

 

Heldengrab

 

Will man wenigstens kursorisch erfahren, wie es Schonberg weiter erging, braucht es dennoch ein paar Bemerkungen mehr. Am 29. April 1688 starb der Große Kurfürst, doch Sohn Friedrich III. hatte ein ebenso vertrauensvolles Verhältnis zu Schonberg wie sein Vater, so dass er den ihm anvertrauten Aufgaben weiter nachgehen konnte. Im August starb jedoch auch Schonbergs Frau, was ihm sehr nahe ging, ihn zutiefst berührte, und gleich daraf, im September, anlässlich des Besuches des Oraniers in Brandenburg, erging der zuvor abgesprochene Ruf des Prinzen von Oranien an Schonberg, ihm bei seinem englischen Feldzug zu helfen. Das englische Parlament hatte ihn gerufen, in Konkurrenz zu James II. die englische Königskrone zu beerben. Friedrich III. hielt zwar große Stücke von Schonberg, doch wurde er ohne weiteres zum Befehlshaber eines Hilfskorps ernannt und an Willem III. von Oranien „ausgeliehen“. Er zog mit 5.300 Fußsoldaten und 660 Reiter-Kürassieren nach Cleve[1], um von dort aus mit seinen Regimentern die Stadt Köln gegen Ansprüche Louis XIV. zu erhalten und für diesen Winter die Grenzen nach den Niederlanden zu sichern. Diese Aktion nun verzieh Louis XIV. seinem früheren Marschall von Frankreich nicht mehr. Ebenso intensiv werden die Missempfindungen Schonbergs gewesen sein, als er erfuhr, wie die Franzosen unter Marschall Jacques-Henri Duc de Duras[2] und seinem Feldmarschall Ezechiel de Mélac[3] auf ausdrücklichen Befehl des  Kriegsministers Louvain im selben Jahr seine Heimatregion, die Kurpfalz, barbarisch und kulturverachtend verwüsteten.[4]

 

Ehe er nach Nordirland übersetzte, nahm Schonberg schon auch vor dem Hintergrund seiner materiell-existentiellen Malaise noch dankbar die englische Nationalität an und empfing die Würde eines Baron of Teyes, Baronet of Brentford, Marchess of Harwich und 1. Duke of Leinster und den Blauen Hosenbandorden. Er befehligte als General alle englischen Streitkräfte und erhielt von William reiche Donationen (100.000 Pfund, für die er sich beim House of Commons artig bedankte) als Entschädigung für die von Louis XIV. wegen der Kölner Aktion eingezogenen französischen Güter und das schon früher zerstörte Stammschloss Schönburg/Oberwesel.

 

Dies wäre nun, meinen britische Historiker, der beste Zeitpunkt gewesen, sich altershalber zurückzuziehen. Dass er dies nicht tat, sei für ihn und England von Nachteil gewesen. Doch William hatte nicht viel erstrangiges Personal und seine Truppen waren so durcheinander geraten, dass er auf des erfahrenen Schonbergs Hilfe nicht verzichten konnte. Während er Percy Kirke zum Entsatz von Londonderry schickte, sollte Schonberg seine zusammengestückelten Truppen in Chester und Liverpool ordnen und mit ihnen nach Irland segeln um dieses Königreich gegen James zu erstreiten – ein ausgesprochenes Himmelfahrtskommando.

 

Mitte August in 1689 Ulster angekommen, bezog er nach anfänglichen Erfolgen bei Belfast und Carrickfergus eine starke Stellung bei Dundalk, um die jakobitische Reaktion abzuwarten, statt, wie Kritiker heute anmerken, selbst die Situation aktiv zu gestalten. Dies sei – nach Childs - die größte berufliche, wohl altersbedingte Fehlentscheidung seines Lebens gewesen. Dauerregen und Kälte im Herbst und Winter wären von den europäischen Truppenteilen gerade noch auszuhalten gewesen, doch für die unerfahrenen britischen Rekruten mit ihren ebenso ungelernten Offizieren führten die unsäglichen Strapazen im Lager zu enormen Verlusten und zu jeder Menge Disziplinproblemen für Schonberg. Glücklicherweise zogen sich die jakobitischen Truppen von Dundalk zurück und man konnte ein bequemeres Winterlager in Ulster beziehen. Diese unbeholfene Aktion habe Schonberg seinen guten Ruf gekostet, heißt es, doch bewies er andererseits so viel Geschick und Ausdauer, die Stellung so lange zu halten, bis der Prinz selbst mit seinen Truppen nachkommen konnte. Gemeinsam, aber nun mit William als Oberkommandierendem, schlugen sie dann die Truppen von James II. am Fluss Boyne, wo Schonberg im Kampf am 12. 07. 1690 sein Leben verlor.

 

Am Vorabend dieser Schlacht litt Schomberg wohl an so etwas wie typhustypischem Fieber und sollte sich eigentlich behandeln lassen. Dennoch nahm er an der Kriegsratssitzung teil, wo er William noch abriet, den Fluss angesichts des gegenüberstehenden Feindes zu überqueren, doch wurde sein Rat für ihn fatalerweise nicht beachtet. Er verließ die Versammlung und als er danach den Befehl zur Schlacht erhielt, musste er annehmen, der König habe ihn auf Dauer seines Kommandos enthoben. Am nächsten Morgen, als William seine Elitetruppen, die Blauen Dragoner, gegen Oldbridge einsetzte und die hugenottischen Soldaten aus Schonbergs Regimentern sie dabei unterstützten, sah Schonberg, wie ihr Oberst La Caillemotte, der Bruder des Marquis de Ruvigny, im erwarteten gegnerischen Feuerhagel fiel. Mit dem Ruf „Foreward, sirs, there are your persecutors!“ stürzte sich der 75-jährige General, vom Harnisch entlastet, von seinen Feldassistenten seltsamerweise nicht aufgehalten, wie besessen oder im Fiebertrtaum selbst ins chaotische Gewoge, um die Reihen seiner Religionsbrüder wieder zu ordnen. Da empfing er zwei Säbelhiebe gegen den Kopf[5] und – wohl aus Versehen - auch noch einen Schuss („friendly fire“) in den Nacken.

 

Diese Szene hält die Vermutung aufrecht, Schonberg sei - enttäuscht und verbittert über die seit Dundalk distanzierte Behandlung durch William – mit suizidalen Tendenzen in diese Schlacht gegangen. Schon der Tod seiner Frau und der Verzicht auf den erträumten Altersruhesitz hätten an seinem Lebensnerv genagt. Hinzu käme der in seiner Umgebung spürbare Ansehensverlust nach dem starren Festhalten an der Belagerung von Dundalk und dem Misslingen der Unterwerfung Irlands. Diese Scharte konnte man seinerzeit durch besondere Tapferkeit und den soldatischen Heldentod im Kampf auswetzen. Wie dem auch sei, summarisch lässt sich gut begründet behaupten, dass Schonberg sich wie ein Märtyrer für die Sache Williams III. und der protestantischen Glaubensbrüder geopfert hat. Es gibt allerdings Anzeichen dafür, dass William ihm keine Träne nachgeweint hat. Wohl aber hat Daniel Defoe in dem patriotischen Gedicht „The True-Born Englishman“ die Rolle Schonbergs entsprechend herausgehoben.

 

„Schomberg, the ablest soldier of his age,

with great Nassau[6] did in our cause engage;

Both joined for England’s rescue and defence,

The greatest captain and the greatest prince;

With what applause his stories did we tell,

Stories with Europe’s volumes largely swell!

We count him an army in our aid,

Where he commanded, no man was afraid;

His actions with a constant conquest shine,

From Villa Vitiosa to the Rhine;

France, Flanders, Germany, his Fame confess,

And all the world was fond of him but us:

Our turn first served, we grudged him the command,

Witness the grateful temper of the land.”

(zitiert nach Glozier, 2005, S. 148)

 

   

Die Silbermedaille von Philipp Heinrich Müller, angefertigt noch in Schonbergs Todesjahr, zeigt den im Alter vollgesichtig gewordenen Schonberg und auf der Rückseite denselben in altgriechischer Manier als Herkules mit christlichem Schild. Seine Keule wurzelt und treibt einen Olivenbaum aus – Zeichen der Beendigung seiner Militärlaufbahn. Darauf bezieht sich die Inschrift PLANTAVIT UBIQUE FERACEM (Er pflanzte überall – seine Keule – fruchtbar). Eine Krone und ein Füllhorn mit Münzgeld auf dem Boden beachtet er nicht. Eine Schlange verbeißt sich vergebens in seinen Schild. Hinter ihm baut sich eine Pyramide auf, gegen die ein Lorbeerzweig sich verbreitet, der die Wappen von Frankreich, Deutschland, Schottland, Spanien und Irland trägt, die Szenarien seines Lebens. Unten steht CONTINUATIS TRIUMPHIS ORDURATA IN DEUM FIDE IN HIBER. MILITANTI. 1690 (Ihm, der in Irland mit fortgesetztem Erfolg und mit andauerndem Vertrauen in Gott diente. 1690) Auf dem Münzrand, hier nicht sichtbar, steht PRO RELIGIONE ET LIBERTATE MORI, VIVERE EST (Für Religion und Freiheit zu sterben, ist Leben). – Es gibt noch eine andere Gedenkmünze zu William III., die bei Childs abgebildet ist: Die Rückseite dieser Silbermedaille von I. Luder zeigt William III. zu Pferde, dem der lateinische Spruch gewidmet ist (APPARUIT ET DISSIPAVIT, Er trat auf und versprengte sie), vor dem Hintergrund des Schlachtgeschehens, Schonberg schon tot am Ufer liegend.

 

Weniger soldatischen Nimbus hatte das fast gleichzeitige Ende seines portugiesischen Kampfgefährten, D. Luis de Meneses, Conde da Ericeira, der als Artillerie-General mit seinen Kanonaden, insbesondere 1663 bei Ameixial, zum militärischen Erfolg beigetragen hatte. Am 26. Mai 1690 stürzte er sich aus dem Fenster seines Palastes in Lisboa zur Gartenseite hinaus – aus Melancholie und Verzweiflung über die Vergeblichkeit seiner Bemühungen, Portugal unter Pedro II mit zeitgemäßen Reformen aus seiner ökonomischen Krise zu helfen. Auch ein Gescheiterter. Er musste einsehen, dass gegen die konservative Allianz von altem Landadel und kirchlicher Hierarchie kein Kraut gewachsen war. Der ursprünglich so offene und Welt erobernde portugiesische Adel war auf seine kleinlich gehüteten Privilegien und seine alten Werte, die religiös verbrämt wurden, versessen und wandte sich gegen alle Neuerungen. Davon hatte auch Schonberg in seinen portugiesischen Jahren einiges mitbekommen und dennoch seinen Auftrag durchführen können – mit Hilfe des relativ verständigen D. Luis de Meneses.

 

Auf seine alten Tage schrieb dieser noch eine Geschichte der Restauration Portugals (História de Portugal Restaurado). Darin schildert er auch das Kriegsgeschehen an der Seite Schonbergs, allerdings nationalistisch derart eingefärbt, dass es Atouguia, Vila Flor und Marialva der Reihe nach waren, die Portugals Siege erfochten. Manche vermuten jedoch auch, dass er die Verhältnisse korrekt dargestellt habe, eine spätere (posthume) Redaktion die Gewichte jedoch zum Ruhm der eigenen Nation verschoben habe.

 

Wo man früher einen Grafen, der sich suizidierte, begrub, ist nicht überliefert. Schonbergs Leichnam jedoch wurde gewiss in der St. Patrick’s Cathedral zu Dublin beigesetzt; Jonathan Swift hat später (1731) - aufgebracht darüber, dass keiner seiner Nachkommen selbst auf die Idee kam, den Vater als Helden zu ehren - eine lateinische Inschrift auf dunkler Steinplatte für sein Grabmal verfasst, des Inhalts (eigene Übersetzung):

 

„Unter diesem Stein ruht der Leichnam von Friedrich Herzog von Schönberg,

der an der Boyne AD 1690 getötet wurde.

Der Dekan und das Kapitel mahnten ernsthaft und wiederholt bei des Herzogs Erben, dass sie ein Denkmal für ihren Vater errichteten.

Über längere Zeit und oft brachten sie die Bitte schriftlich und vermittels Freunden vor, doch ohne Erfolg.

Zu guter Letzt errichteten sie diesen Stein, damit du, Fremder, wissen kannst, wo die sterblichen Reste Schönbergs beigesetzt sind.

Der Ruhm und sein Wert erwiesen sich bei Fremden stärker als die Bande des Blutes unter seinen Verwandten und Familienangehörigen.“

 

Wenn nicht alles täuscht, gilt diese öffentliche Ohrfeige dem Sohn Meinhard, der bis zu seinem eigenen Tod 1719 zu diesem Ehrengedenken Zeit und von England aus Gelegenheit gehabt hätte. Sohn Friedrich, der seinen Vater als Privatier noch zehn Jahre überlebte, hatte wohl die geringste Motivation, seinen Vater in besonderer Weise zu Ehren. Meinhards einziger Sohn wiederum starb noch vor ihm, und seine beiden Töchter hatten wohl keinen rechten Bezug mehr zum Großvater, da sie, kurz vor dessen Tod geboren, ihn wohl nie zu Gesicht bekommen haben. Da hätte man sie ihm in einem Feldlager eigens vorstellen müssen. Dennoch zehrten sie ja wohl von seinen Adelstiteln und genossen über ihn ein gewisses Ansehen in der englischen Gesellschaft. „Sic transit gloria mundi“; was man ausruft, wenn ein Papst zu Grabe getragen wird, das könnte man auch in diesem Fall konstatieren. In Dublin, allerdings, hat man das Andenken an Schonberg hoch gehalten, was sich im so genannten Schomberg-House niederschlägt, einem Cultural Heritage Centre und dem Hauptquartier der Oranier (Grand Orange Order).[7]



[1] In seinem Gefolge befanden sich nicht nur Militärs sondern z.B. auch Jaques Abbadie (1654-1727), ein französisch-reformierter Theologe, der Schriften über die Wahrheit des Christentums oder die Göttlichkeit Jesu Christi verfasste und dafür von Protestanten wie Katholiken anerkannt wurde.

[2] War 1675 zusammen mit Schonberg zu einem der acht Marschälle von Frankreich ernannt worden.

[3] Noch in späteren Zeiten ein beliebter Hundename in der geschundenen Region; auch das Schimpfwort „ Du Lackel!“ ist von diesem gnadenlos wütenden Offizier abgeleitet, der vor Ort die befohlene Strategie umzusetzen hatte.

[4] Im Zuge dieser Aktion, die zur „Entfestigung“ der Pfalz und Badens dienen sollte, wurde am 16. Februar 1689 das Heidelberger Schloss gesprengt und vierzehn Tage später, am 02. März, die Stadt in Brand gesetzt. – Dass man vor der Armee des französischen Königs nach wie vor hohen Respekt haben musste, war Schonberg durchaus klar. Während er bis zu seinem Tod am 1. Juli 1690 William unterstützte, gelang Louis XIV. an eben diesem Tag ein Seesieg gegen England und gleichzeitig ein Sieg gegen die Holländer und die Kaiserlichen bei Fleurus. Deren Kommandeur, der Prinz von Waldeck, musste fliehen, verlor 14.000 Mann und 49 Kanonen.

[5] Man will sogar wissen, dass Sir Charles O’Toole, ein Leutnant in Dorington’s jakobitischem Garderegiment die tödlichen Schläge gegen den ungerüsteten Schonberg geführt habe.

[6] Mit “Nassau” ist William gemeint.

[7] 386 Cregagh Road, Belfast; dort kann man auch Anstecknadeln für 2 £ erwerben…