Das Hin und Her des Kampfgeschehens

Die Spanier begannen um 10 Uhr mit einem furiosen Artilleriegewitter; in den kurzen Pausen waren Trommeln und Trompeten zu hören. Gleichen und gemessenen Schrittes griff die Infanterie an, noch ehe die zweite Linie der Portugiesen richtig aufmarschiert war. Dies und die ersten Reiterattacken bei den talwärts positionierten Flügeln geschah mit solcher Wucht, dass die Regimenter von Tristão da Cunha, Francisco de Moura und Furtado de Mendonça mit einem Teil ihrer Kavallerie zur Rechten gleich überwältigt waren und viel Führungspersonal verloren. Sie drangen auch zwischen die dritte und vierte Linie vor und griffen schon die Nachhut der Infanterie der erten Linie an. Doch dort wurden sie von den Pikenieren abgewehrt, die von Schonberg gelernt hatten, ihr Piken aus drei Reihen so einzusetzen, dass dies für Ross und Reiter tödlich wurde. Aber auch die portugiesische Artillerie mit ihren Sackladungen kleiner Geschosse machte nun große Wirkung, wenn sie die Spanier nur nahe genug kommen ließen. Auf der Hangseite standen – Europa trifft sich - die spanischen Schweizer gegen die portugiesischen Engländer. Der Kampf wurde erbittert geführt, es wurde – teilweise wegen Munitionsmangel - auch mit Steinen geworfen und die Offiziere der beiden Corps trugen Zweikämpfe mit ihren Spontons[1] aus. Schließlich schafften es die Engländer, mit großem Geschrei über eine Trennmauer zu setzen und die zwei Schweizer-Bataillone auf die zweite Reihe zurückzuwerfen. Dabei kam es zu einem denkwürdigen Zweikampf zwischen dem Generaloberst Sheldon und dem Kommandanten der Schweizer, bei dem der Enländer fiel. Doch rächte Major Maire den Gefallenen, indem er den Schweizer mit einem Pikenstoß tötete. Die portugiesischen Franzosen und das Regiment Clairan (mit seinen 1663 bei Évora gedungenen Deutschen) hatten erfahrene kastilische Regimenter vor sich und mussten wegen deren gutem Feuer viele Verluste hinnehmen. Als sie bereits wankten, kam ihnen Schonberg mit zwei Schwadronen aus dem Reserve-Corps zu Hilfe und wies ihnen eine Mauer als Brustwehr an, bis er andere Unterstützung schicken konnte. Bemerkenswert war auch, dass die englischen Ex-Ironsides ein gefürchtetes deutsches Kavallerie-Regiment niederringen konnten, deren Reiter alle mit Ledermänteln gekleidet waren und die früher von Prince Rupert[2] befehligt worden waren; auch sie verloren ihre Standarten.

 

Die portugiesische Kavallerie auf dem rechten Flügel hielt erst gut mit, doch dann stürmte das aus kaiserlichen Kürassieren bestehende Regiment Rabat heran und warf die portugiesische Reiterei über den Haufen, durchbrach auch die zweite Linie und hätte auch die dritte durchstoßen, wenn nicht der Obrist Rabat dabei gefallen wäre[3]. Schonberg musste sich zwischendurch selbst unter einem verwundeten Pferd herauswinden und kam mit frischem Pferd gerade noch dazu, wie sich der „eiserne Haufen“ des Regiments Rabat auf die zwei englischen Schwadronen der dritten Linie stürzte, die sein Sohn Friedrich kommandierte. Er ließ die links und rechts stehenden Regimenter Briquemault und de Maré den hitzig operierenden Kürassieren in die Flanke fallen, was aber nichts half, denn sie drangen auch durch die dritte Linie, verfolgten die Flüchtigen der zweiten Linie und drehen dann erst ab, um sich ihrer Infanterie wieder anzuschließen.

 

Durch diesen Schock und weil nun wirklich die Munition ausgegangen war, rannten über 1.000 Pferde davon und auch die Bagage floh schon Richtung Estrémoz und man ließ per Eilboten nach Lisboa zu melden, dass die Schlacht verloren sei. Doch erstens hatte Marialva vorsorglich Munition aus Estrémoz nachführen lassen, die gerade noch rechtzeitig ankam und zweitens war es genau die gewaltige „Heldentat“ des Regiments Rabat und der vier Schwadronen von Chalai und Fabri, die eine Wende bewirken sollten. Die erste Linie der spanischen Kavallerie unter dem Prinzen von Parma war über dieser Aktion so destabilisiert worden, dass in der Zeit von deren Neuordnung Schonberg seine erste Linie durch vier hinzugezogene Bataillone schneller wieder herstellen konnte. Dabei musste er allerdings die Offiziere der portugiesischen Infanterie, denen er die Bataillone entzogen hatte, be­schwichtigten.[5]

 

Im wirklichen Kampfgeschehen konnte nach fast fünf Stunden der Abwehrschlacht Schonberg mit der nun verstärkten ersten Linie und mit der dritten Linie seiner Kavallerie das Kampfgeschehen bestimmen. Bei der Kapelle von Nossa Senhora da Luz[6] gingen die drei terços von Aires de Saldanha, Jaime Alexandre Tolon und Manuel de Sousa Castro als erste zur Offenisve über. Die spanische Kavallerie zog sich vor dieser neuen Front ein wenig zurück, um sich mit ihrer Infanterie zu vereinen und stieß dabei auf Olivenwälder, durch die die Formationen aufgetrennt wurden. Dies bemerkend, schickte Schonberg vier Bataillone mit ihren Kanonen zum Gros seiner Infanterie zurück und setzte der feindlichen Kavallerie bis zum Olivenwald nach, bog dann aber links ab, um sie von ihrem Fußvolk abzuschneiden. Sobald dieses sich seiner Reiter-Stütze benommen sah, geriet es in Unordnung und der Teil, der hinter den Mäuerchen postiert war, gab auf. Ein flüchtender Teil erreichte noch den Park von Vila Viçosa, wohin man ihnen aber noch nachsetzten konnte. 1.500 in den Laufgräben von Vila Viçosa verbliebene Spanier flüchteten nach Juromenha, wohin sich auch gerade der Marquis von Caracena mit einem Rest der Reiterei bewegte. Dessen Gefangennahme misslang, da er das Wanken seiner Leute als erster feststellen konnte und sich zusammen mit dem Herzog von Osuna rechtzeitig vor Ende der Bataille abgesetzt hatte. Sie gaben noch Anweisungen, die Belagerungen von Borba und Vila Viçosa abzubrechen, verbrachten die Nacht in Juromenha und waren am folgenden Tag wieder in Badajoz. Die Portugiesen waren aber nach neun Stunden Kampfgeschehen zu müde, um allen Flüchtenden nachzusetzen. Immerhin schafften es der Oberst Chauvet mit französischer Kavallerie und António Sequeira Pestana mit etwas portugiesischer Kavallerie, 4.000 Infanteristen gefangen zu nehmen und ihnen 40 Fahnen abzunehmen; sie hatten sich bei Outeiro da Mina wieder gesammelt und gerade ein Verteidigungslager aufbauen woll



[1] Eigentlich eher rangbezeugende Kurzspieße der Offiziere; vgl. das Kapitel zur Waffenkunde, S. 50

[2] Eigentlich: Prinz Ruprecht von der Pfalz, (1619 – 1682) dritter Sohn von Kurfürst Friedrich V.  mit Elisabeth Stuart, glänzender Reitergeneral Ende des Dreißigjährigen Krieges, später Herzog von Cumberland und Berater von Charles II., Admiral der königlichen Flotte.

[3] Dieser Oberst Rabat bezog seinen sagenhaften Ruhm und den großen Respekt bei seinen Gegnern von seinen Kämpfen gegen die Türken in Ungarn. Sein Kürassier-Regiment war entsprechend geschult und kriegserfahren.

[4] Bild 25 zeigt die Szene, in der die Schlacht zu Ungunsten der Spanier (mit den flachen Hüten) kippt; englische Infanteristen schlagen im Hintergrund mit den Gewehrkolben noch auf die Fliehenden ein. Bild 26: Zwei Obristen mit Helm und Harnisch beobachten, wie angreifende spanische Kavallerie (links) von einer noch intakten protugiesischen Infanterieabteilung (rechts) empfangen wird.

[5] Vielleicht war dies auch der Zeitpunkt, von dem die Legende erzählt, Marialva hätte sich niedergekniet, um Unsere Liebe Frau von Vitórias darum zu bitten, für die Portugiesen einzuschreiten. Als er gerade am Beten war und im Fall eines Sieges den Bau einer Kapelle vor Ort versprochen hatte, soll eine weiße Taube dahergeflogen sein, von der man ja wusste, dass sie das Symboltier der Jungfrau Maria war, setzte sich auf seine Schulter und verschwand wieder. Daraufhin kam eine Art Nebel auf, durch den die Portugiesen die Spanier gut sehen konnten, nicht aber die Spanier die Portugiesen. Dies schwächte – so die Sage - die Spanier enorm und trug zum Sieg der Portugiesen bei. Das Blut der Spanier aber soll zu der noch heute sichtbaren Rotfärbung der Erde von Montes Claros geführt haben. Soweit die fromme Legende.

Verbürgt ist hingegen, dass Schonberg im Kampf persönlich sehr viel riskierte. So ließ er sich unter anderem auch auf eine Art ritterlichen Zweikampf mit dem Prinzen von Parma ein, von dem berichtet wird, dass das Schwert des Prinzen auf der stählernen Brustplatte von Schonbergs Kürass zerschmetterte.

[6] Auch für den Mercúrio Portuguez (Ausgabe Juli 1665), war es eine ausgemachte Sache, dass an dieser Stelle die Schutzherrin Portugals für ihre Schutzbefohlenen eingegriffen habe.