Nach Athen ist Kreta zu erobern

0507: Die Gebirgstruppe muss nicht mehr eilen, hält sich bei Levadia und Thivae (Theben) und dann eine gute Woche in Alverion auf.

 

Am „Ehrentag der Deutschen Mutter“ schreibt Linus G. in bequemer Lage (alles sei in „herrlicher Blüte“) seiner Schwiegermutter in Uttenweiler einen verehrungsvollen Brief:  „Liebe Mama! Am Ehrentage der deutschen Mutter möchte ich auch Dich nicht vergessen wissen. Besonders dankbar werde ich Deiner gedenken, hast Du mir doch meine lb. gute Klara geschenkt und anver-traut. Alles, was sie an sich hat, besonders das liebe und gute „Herzchen“ hast Du in langer und mühevoller Erziehungsarbeit mit all den Entbehrungen auf sie übertragen. Dafür bin ich Dir besonders dank-bar. Du selbst darfst auf mein liebes „werdendes Mamachen“ stolz sein und ich will Dir an Deinem Ehrentage erneut versprechen, dass ich meine „Liebe“, das Kleinod, das Du mir anvertraut hast, immer mit allem was ich bieten kann, hegen und pflegen werde. Nie sollst Du eine Klage hören und stets sollst Du wahr haben, dass Dein Kind in guten Händen ist. Liebe Mama, nochmals zu Deinem Festtage meine herzli-chen Glückwünsche.“ „… denn Du bis mir meine zweite liebe Mama geworden.“ „Herzlichen Gruß von Deinem Dich hochverehrenden Schwiegersohn Linus.“

 

Nach 1.500 km Marschleistung trifft nun auch die siegreiche Gebirgs-Division in Athen ein. Das erhabene Gefühl der Soldaten umschreiben Ringel/Flecker/Dobiasch (S. 15) wie folgt: „Schnell, ruhig und selbstverständlich fügt sich der deutsche Soldat ein. Er bewegt sich mit Sicherheit, gelassener Ruhe und mit innerer Freiheit in den wechselnden Verhältnissen, er wuchs in fremder Welt über sich selbst hinaus. Und hier bekam er das Bewusstsein seines Wertes, seiner Überlegenheit und seiner Aufgabe als Deutscher.“ … „Wo er auch gerade weilt, dort ist die Heimat, dort ist das ganze Deutschland.“

 

Von hier aus werden gleich Schiffs-Greifkommandos zu den Hafenstädten des Peloponnes unternommen. Die Stäbe arbeiten schon am Anschlussfeldzug nach Kreta. Die 5. Geb. Div. muss die zunächst vorgesehene, jedoch bei den rumänischen Ölfeldern von Ploieşti gebundene 22. Luftlande-Division ersetzen. Durch ihre leichte Bewaffnung können sie ebenso die Luftlandeaktion unterstützen. Bei den Mannschaften brodelt aber noch die Gerüchteküche. Zu Rommel, nach Suez, Cypern, Malta… oder was wohl?

 

0513: Man nimmt an, die Griechen würden die Wehrmacht mehr oder weniger freiwillig im Lande dulden. Die deutsche Propaganda stellt den Überfall als Kampf gegen England und dessen griechische Helfer dar. Hitler erklärt, die Briten hätten es verstanden, Griechenland „zu missbrauchen“, er aber habe immer betont, dass „das deutsche Volk keinerlei Gegensätze zu dem griechischen Volk besitzt“. Bereits am 13. Mai verfügt das Oberkommando der Wehrmacht (OKW), alle frontfähigen Verbände aus Griechenland nach Osten abzuziehen, da mit der Entwaffnung der griechischen Armee kein weiterer militärischer Einsatz erforderlich sei. Dies sollte sich sieben Tage später bei der Invasion auf Kreta als eine gravierende Fehlprognose herausstellen (nach Seckendorf). Aber auch in Athen holt Manolis Glesos, als symbolische Tat des griechischen Widerstandes unter den Augen der deutschen Wachmannschaft gemeinsam mit einem Widerstandsgefährten die deutsche Reichskriegsflagge von der Akropolis wieder herunter.

 

0515: Nach Bekanntwerden des weiteren Kriegszieles Kreta werden die Offiziere wohl auch über die Risiken dieses Einsatzes instruiert. Linus G. schreibt darauf einen „Vermächtnisbrief“ an seine schwangere Frau. Er drückt darin die feste Überzeugung aus, vom Krieg wieder heimkommen zu können, gibt aber auch Anweisungen für die Erziehung des Sohnes, falls...

„Dass ich die Absicht habe, wieder zu Dir zurückzukommen, ist meine felsenfeste Überzeugung und meine unbeirrbare Hoffnung und mein fester Glaube. Es können noch harte Tage kommen, die ich aber auch zu überstehen hoffe. Liebstes, voraussagen kann man im Kriege nichts, da kann man nur hoffen, wünschen und glauben und sich dem Schicksal fügen. So wie es bestimmt ist, muß man es nehmen und würdig tragen. Ich weiß, dass Du diese Worte nicht gern hörst, Liebes, sie müssen aber gesprochen werden, denn wir wollen uns doch gegenseitig keine Blendkappen aufsetzten. Wie mir es bei diesen Gedanken zu Mute ist, brauche ich Dir nicht zu schildern, vollends jetzt noch, wo Du meinen ganzen Stolz, unsere Zukunft und unser gemeinsames Glück in Dir trägst. Dies alles muß ich doch sehen, also muß ich auch dazu zu meinem allerliebsten Herzchen zurückkehren. Gesetzt den Fall, das Schicksal hätte anderes mit mir vor. Was dann? Liebstes nur eine bitte hätte ich dann. Pflege und hüte das keimende Leben in Dir und sei und bleibe stark. Denke an die vielen anderen Frauen, die das gleiche Los getroffen hat und das Leben weiterhin meistern müssen. Lasse unser Kind, gleich ob Bub oder Mädel, etwas lernen und stelle es frühzeitig ins harte und nackte Leben, damit ihm so manche Enttäuschung, die wir selbst noch mitmachen mussten, erspart bleiben. Besonders die frühzeitige, richtige Aufklärung. Sollte es ein Junge sein, so wäre mein Wunsch, dass er Offz. wird (aber nicht Offz.(w)). Dazu braucht er Abitur (am besten Gymnasium). –

Ich weiß, Du würdest Dein ganzes Leben lang um mich trauern. Die Zeit lässt aber auch darüber Gras wachsen und wird diese Wunde einigermaßen heilen. Nie möchte ich haben, dass Du Dir die Annehmlichkeiten und Schönheiten jeder Art, die dieses armselige Leben bietet, entgehen lässt oder Dir verweigerst. Meine ganze Einstellung dazu kennst Du ja und wir haben sie ja auch schon einmal besprochen. ... Wenn diese meine Zeilen in Deinen lieben Händen sind, wird für mich sowieso das ärgste überstanden sein. Liebes, sage allen recht herzliche Grüße von mir. Ich muß mich eilen, damit der Brief noch rechtzeitig wegkommt. Liebes, bliebe mir gesund und sorge Dich nicht unnötig. Ich komme ja wieder. Sei bis auf weiteres recht herzlich gegrüßt und innig geküsst von Deinem Dich immer und treuliebenden Linus“

 

Linus Gold und Willi Knecht (noch lebend) in Athen
Linus Gold und Willi Knecht (noch lebend) in Athen
Gold (hinten) und Knecht (links) beim Kommandeurswechsel von Rademacher zu Wittmann
Gold (hinten) und Knecht (links) beim Kommandeurswechsel von Rademacher zu Wittmann