In Graz formiert sich der Feldzug per Bahn

Klara mit Obersten-Gattin Valerie als Freundin vor Maria Zell
Klara mit Obersten-Gattin Valerie als Freundin vor Maria Zell

Frau Klara, seit Juli 1938 Ehefrau des Oblt. (w) Linus G. und seit 1992 Witwe weiß gegen Ende Ihres langen Lebens nicht mehr, wann und wie sie damals nach Graz gelangte. An ihre erste große, bei Kriegsanbruch allein angetretene Reise nach Wien 1939 erinnert sie sich hingegen noch lebhaft. Auch ihr Besuch in Bautzen – immer galten die Besuche ihrem Ehemann, der sich beim Einmarsch nach Öster-reich, ins Sudetenland und bei den Feldzügen gegen Frankreich und Polen (Znaim) beteiligte und nach Soldatenart eben mal da und mal dort anzutreffen war - auch dieser längere Besuch blieb ihr in Erinnerung. Doch das Hotelzimmer in Graz, ausgerechnet dieses, bleibt ihr dunkel. Die Tage vor Weihnachten, an denen Linus Urlaub hatte, verbrachten sie noch zusammen in Innsbruck.

 

Doch nun geht Linus in Graz wie immer beflissen seiner Arbeit nach, diesmal der Vorbereitung eines groß angelegten Kampfeinsatzes gegen Griechenland, wo es gilt, die Briten zu vertreiben, die gegen Mussolinis Übergriffe auf Albanien zu Hilfe gerufen worden waren. Und das geht nun mal nicht ohne die Gebirgsjäger und die Gebirgsartillerie, für de-ren Verfügbarkeit und Munitionierung unter anderen Linus G. zustän-dig ist. In einer Randbemerkung im Brief an seine Schwester bekennt er „Meine Tage sind hier auch gezählt. Sagt bitte allen recht herzliche Grüße von mir.“

 

Klara trifft sich weiterhin sehr gerne mit ihrer Freundin Valerie (Vally). Bei ihren winterlichen Spaziergängen liegt ihr diese Grazerin und Gemahlin von Linus’ Chef, dem OTL Karl P. immer noch in den Ohren, nach zweieinhalb Ehejahren nun doch um Nachwuchs besorgt zu sein. Sogar in Mariazell waren sie schon zusammen und hatten um Nachwuchs gefleht. Wie oft zuvor hatten sie die Köpfe enttäuscht sinken lassen, wenn die Monatsblutung doch wieder einsetzte. Es geht ja auch das Sagen um, der Führer brauche ein starkes, nachwachsendes Geschlecht, eine Jugend, die in die neuen Räume in der Welt eindringen und sie mit dem deutschen Wesen beglücken kann.

 

0204: (Auszug aus einem Brief Klaras an ihre Schwägerin, in dem sie ihren Alltag in Graz beschreibt.) „Man sollte ja meinen, ich hätte hier überhaupt nichts anderes zu tun wie nur immer dasitzen und Schreiben. Meine Zeiteinteilung ist aber eine ganz andere, durch das, dass ich Frau Oberst P., die ich in Bautzen kennen lernte, hier habe. Wenn Linus beim Dienst ist, mache ich mich fertig u. gehe dann zwi-schen ½ 10 – 10 zur gnädigen Frau, wo wir dann zusammen Frühstücken. Der Weg dorthin ist von unserem Hotel aus ziemlich weit, so dass ich fahren muss. Die restlichen paar Stunden vom Vormittag fliegen nur so dahin. Zwischen ½ 1 – 1 esse ich dann immer mit Linus zu Mittag, das bis ½ 2 – 2 dauert. Ab 3 Uhr sind die Geschäfte dann wieder offen, wo ich dann auch Besorgungen zu machen habe. Wenn ich in die Stadt gehe, ist der ganze Nachmittag dahin. Also, langweilig wird es mir bestimmt nicht. So, das wäre ein kleiner Einblick in mein Steirer-Leben.“ Und gegen Ende des Briefes bekennt sie „Die Tage, die ich mit Linus zusammen sein kann, werden jetzt auch gezählt sein. O, immer dieses Abschied nehmen auf unbestimmte Zeit! – Ich fahre halt dann wieder zur Mama heim.“

 

Linus und Klara in Graz
Linus und Klara in Graz