Auszug aus der Michelin-Karte 940 von 2000
Dieser spezielle
Reisebegleiter umfasst den Südosten Portugals. Darunter fallen der Ost-Algarve und
südöstliche Teile des Alentejo. Vom Massentourismus entwertete Regionen (Küstenregion des West-Algarve) werden nur auszugsweise behandelt. Alle Ziele des beschriebenen Gebietes sind mit dem Auto von
Faro/Olhão aus im Rahmen einer Tagesreise
zu erreichen; die Rückfahrt am selben Tag ist oft zwar möglich, jenseits der gedachten Begrenzungen (vgl. Kartenskizze) aber nicht mehr sinnvoll. Im Westen begrenzt die A2/E 01
(Albufeira-Lisboa), im Norden die ungefähre Linie Castro Verde - Mèrtola, im Osten der Guadiana das Kerngebiet dieses Reisebegleiters. Der Guadiana ist zwar die natürliche Grenze nach Spanien hin, doch sind Übergänge ins iberische "Bruderland" oft sehr reizvoll. Im Süden schließlich, den man ab Faro ostwärts
Sotavento nennt (weil er windabgewandt ist), lockt uns vor allem der unter Naturschutz stehende Küstenstreifen.
Bei der Frage nach der Einteilung des bislang zentralistischen Portugal in Regionen, die 1996 prinzipiell positiv entschieden wurde, ging es auch um die Frage, ob der Alentejo eine einzige Region bleiben soll oder in zwei Regionen (Evora und Beja) aufgeteilt werden sollte. Dazu äusserte sich ein benachbarter Algarvio (Martim Gracias aus Portimão) wie folgt: "Nós no Algarve sabemos que queremos a regionalição e pode-se dizer que existem em Portugal duas regiões: o Algarve e o resto do país."[1] (O Público, 07.04.96, S. 8)
Darüber muss man sich klar sein: Der Algarve ist anders als das restliche Portugal. Der Ursprung des Namens könnte Programm dieser Andersartigkeit sein: Al-Garb bedeutet "der Westen", nämlich Westteil von Al-Andaluz. Letzterer war für die Araber die ganze ihnen bekannte iberische Halbinsel. Wenn wir „an die Algarve fahren“, meinen wir selten die Provinz als politische Verwaltungseinheit. Dieser Teil Portugals wird in der Landessprache maskulin "O Algarve", also der Algarve, genannt. Die dominierende feminine Bezeichnung rührt psychologisch wohl daher, dass die meisten Reisenden die schmale Küstenregion als inneres Bezugsbild vor sich haben. Der Algarve aber – inzwischen eine stehende Redensart – ist mehr als „sol e mar“!
Ganz gegen touristische Erwartungen soll diese Beschreibung von Land, Meer und Menschen des Algarve mit dem Festland beginnen, das allerdings – nachdem die blindmachende Sucht nach „sol e mar“ sich langsam legt – Reize zu enthüllen vermag, die denen des Strandlebens mindestens ebenbürtig sind – wenn auch nicht gerade in den Sommermonaten Juli und August. Da kann man auch bei einer Wanderung mehr im Inneren von einer Geländeauto-Kolonne mit Safari-Touristen an den Rand gedrängt werden.
Es gibt Karten zum Landschaftsrelief[1], auf denen die Einschnitte der Flüsse weggelassen werden. Auf ihnen erkennt man leicht, dass zwei ausladende Bergzonen, eine kleine, höhere und eine ausgedehntere, etwas flachere das Hinterland des Algarve gliedern. Sie stoßen in einer Verwerfungszone bei São Bartolomeu de Messines aufeinander. Diese (und auch der Weg entlang des Guadiana) wurde von den frühesten Straßenbauern genutzt, um das Bergland zu überwinden. Allein die Römer bauten in ihrer meisterhaften Manier eine Ver-bindung von Faro über São Bras und Almodôvar nach Beja. Sie ist extrem kurvig und für den verwöhnten Autofahrer eine arge Plage (oder für Motorrad-fahrer eine Lustquelle). Auf der erwähnten Karte wird übrigens auch deutlich, dass am Südrand der Serra de Caldeirão ein altes Meer einmal ein Korallenriff bildete (nördlich von Faro, ab 100 Meter Höhenlinie).
Üblicherweise teilt man den Algarve in drei Zonen ein, den Litoral (die Meeresküste), den Barrocal (das hügelige Kulturland, geprägt von barrocas, irregulär geformten Kalkfelsen) und die Serra (das karge und weniger bekannte, die Küste von Norden schützende, geologisch sehr alte Mittelgebirge, im Schnitt kaum 500 m hoch).
Man stößt auf die Zonen in dieser Reihenfolge, wenn man das Land von Süden nach Norden, vom Meer zum Gebirge durchmisst. Unterscheidet man zusätzlich noch nach West und Ost, ergibt sich eine tabellarische Übersicht:
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Westlicher Teil,
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Östlicher Teil, |
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Norden: |
Serra: Espinhaço de Cão Monchique |
Serra: Caldeirão Monte Malhão |
Serra: |
Mitte: |
Guilhim
Barrocal
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Monte Figo /
Sandstein-Störung (S. Bras bis Tavira)
Barrocal |
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Süden: Küsten- |
beira mar/Litoral:
Fels-Algarve
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beira mar/Litoral:
Sand-Algarve |
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Wie schon weiter im Norden des Landes ist es auch im Süden so, dass die politische Grenze willkürlich Gebiete durchschneidet, die ähnliche geographi-sche Beschaffenheit haben. Zur politischen Grenzziehung gegenüber Spanien wurden, wie sonst auch, nach Möglichkeit Flussläufe oder Gebirgszüge herangezogen. Doch ist die immer umstrittene (und doch stabil gebliebene) Grenze aus geologischer Sicht recht willkürlich gezogen worden. So bildet doch die Serra des Algarve mit der Sierra Morena geologisch eine Einheit und die algarvische Küstenzone mit dem Becken des spanischen Guadalquivir eine andere. In dieser Hinsicht gehören Algarve und Andaluzia ebenso zusammen wie Alentejo und Extremadura oder Minho und Galicia.
[1] Von M. Feio, einem Aufsatz von Suzanne Daveau entnommen in Ribeiro, O. u. Lautensach, H. Vol. I. Ed. João Sá de Costa, Lisboa, 1987
[2] Unter Störung verstehen die Geologen Risse in der Erdkruste, die durch die Plattengrenzen hervorgerufen werden. Eine Depression ist eine Absenkung, die später meist durch ehemals höher liegendes Material aufgefüllt wurde.
[1] "Wir im Algarve wissen schon, dass wir die Regionalisierung wollen, und man kann sagen, dass in Portugal zwei Regionen existieren: der Algarve und der Rest des Landes."
Volker Gold
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